Es hat gedauert, aber jetzt war es offenbar unabwendbar: Plácido Domingo räumt sexuelles Fehlverhalten gegenüber Frauen ein. Bislang bestritt der alternde spanische Tenorsuperstar alle Vorwürfe kategorisch, doch nun hat sich der notorische Schwerenöter bei den Frauen entschuldigt, denen er einst zugesetzt hat.
„Ich möchte, dass sie wissen, dass mir der Schmerz, den ich ihnen zugefügt habe, ehrlich leidtut“, hieß es in seiner per Agentur verbreiteten Erklärung. Und: „Ich erkenne die volle Verantwortung für meine Taten an.“
Das sind ganz neue Töne. Das tat er freilich in einer vermutlich von einem PR-Mastermind formulierten Mitteilung. Und auch erst, als jetzt von der AGMA, der Gewerkschaft amerikanischer Operndarsteller, eine erste von zwei Untersuchungen gegen ihn veröffentlicht wurde, in der ihn neuerlich über 20 Frauen ähnlicher Vergehen beschuldigen. In dem Dokument steht laut einer Pressemitteilung, dass die AGMA-Anwälte ihn des wiederholten sexuellen Fehlverhaltens für schuldig halten.
Im letzten Sommer hatten erst ein Dutzend und später weitere zwölf Frauen nach Recherchen der Agentur AP Vorwürfe gegen Plácido Domingo erhoben: Grapschen, unsaubere Bemerkungen, feuchte Küsse, nächtliche Anrufe, Bedrängung. Vielfach handelte es sich um junge Sängerinnen oder Angestellte an den Opernhäusern in Washington oder Los Angeles, wo er lange als Direktor fungiert hatte.
Alles lag freilich weit zurück in den 80er- bis Anfang der Nullerjahre. Längst verjährt, gerichtlich nicht mehr zu klären. Keine Vergewaltigung, aber eben auch kein Kavaliersdelikt.
Während im puritanischen Amerika die Karriere des inzwischen Bariton singenden 79-Jährigen schnell zu einem Ende kam, er sofort rüde von Opernhäusern wie Orchestern ausgeladen wurde, dann die Metropolitan Opera überstürzt verlassen musste und er auch seinen Direktorenposten in Los Angeles verlor, ging es für den scheinbar Alterslosen, der von der Bühne und vom Applaus nicht lassen kann, zudem eine Großfamilie ernähren muss, in Europa munter weiter.
Salzburg, Wien, Mailand, Berlin, alle breiteten ihm weiter den roten Teppich aus. Da nichts strafrechtlich Relevantes vorlag, schaute man weg, freute sich an den Einnahmen. Und die zahlreichen Domingo-Fans bejubelten ihn in trotzigem „Jetzt erst recht“ ganz besonders laut.
Wird diese Tour nach diesem späten Schuldeingeständnis angesichts einer wachsenden Zeuginnenschaft (weitere Dutzende Opernbeschäftigte wollen zumindest Ähnliches mitbekommen oder davon gehört haben) so einfach weitergehen können? Darf man wirklich mit zweierlei Maßstäben messen? Die nächsten Monate sehen weitere Domingo-Auftritte in Hamburg, Moskau, Madrid, Wien, Verona, London, Florenz, München, Salzburg und Mailand vor. Werden die nun auch so einfach durchgewinkt?
Denn auch wenn strafrechtlich nichts (mehr) gegen Plácido Domingo vorliegt: Die Fülle an Zeugen hat jetzt selbst ihn, der anfangs natürlich alles abgestritten hatte, zur Umkehr gebracht. Kann also jetzt noch das Royal Opera House in London, das einen anderen Tenor und seinen Chefchoreografen wegen ähnlicher Fälle rausgeworfen hat, einen befleckten Plácido Domingo weiterhin auf dem Silbertablett präsentieren? Kann sich die Salzburger Frau Präsidentin weiterhin damit herausreden, dass er dort zu allen Damen immer galant war?
Es geht hier schließlich um Steuergelder, von denen die Domingo-Gagen bezahlt werden. Teuer subventionierte Opernhäuser sind keine Privatunternehmen. Sollte da wirklich allein der Superstarstatus alles deckeln? Man muss einen alten Mann, der sich jetzt selbst sein Karriereende vermasselt hat, nicht in Schande vom Opernhof jagen. Aber zumindest sollten die Häuser solches thematisieren. Und ihn – wie lange will er eigentlich noch singen? – wenigstens künftig nicht mehr einladen.
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