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Ludwig Feuerbach

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Ludwig Feuerbach (Stich von August Weger)

Ludwig Andreas Feuerbach (* 28. Juli 1804 in Landshut; † 13. September 1872 in Rechenberg bei Nürnberg[1]) war ein deutscher Philosoph, dessen Religions- und Idealismuskritik bedeutenden Einfluss auf die Bewegung des Vormärz hatte und einen Erkenntnisstandpunkt formulierte, der für die modernen Humanwissenschaften, wie zum Beispiel die Psychologie, grundlegend geworden ist.


Leben

Herkunft, Familie

Ludwig Feuerbachs Vater war der aus Frankfurt stammende Rechtsgelehrte Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775–1833, 1808 geadelt), der als einer der bedeutendsten Juristen der neueren Zeit in Deutschland und insbesondere als Begründer des modernen deutschen Strafrechts gilt. Wenige Wochen vor Ludwigs Geburt hatte er an der Bayerischen Landesuniversität in Landshut einen Lehrstuhl übernommen. 1806 wurde er in die Regierung nach München berufen, um das Strafrecht zu modernisieren. Noch im selben Jahr erreichte er für Bayern die Abschaffung der Folter, 1813 trat das von ihm ausgearbeitete Strafgesetzbuch in Kraft. Nach einem Zwischenspiel in Bamberg war er von 1817 bis zu seinem Tod 1833 Präsident des Appellationsgerichts Ansbach, wo er sich auch mit dem Fall Kaspar Hauser befasste.

Ludwigs Mutter, geb. Eva Wilhelmine Tröster (* 1774 in Dornburg/Saale, † 1852 in Nürnberg), stammte aus bescheidenen Verhältnissen, hatte allerdings hochadelige Vorfahren: ihr Großvater väterlicherseits war ein außerehelicher Sohn von Ernst August I., Herzog von Sachsen-Weimar, sie war also eine Cousine zweiten Grades von Großherzog Carl August, dem Freund und Förderer Goethes.[2] Sie hatte nur die Dorfschule besucht, war jedoch vielfältig interessiert, auch am Werk ihres Sohnes Ludwig, dessen Religionskritik sie beipflichtete. Sie vererbte diesem wohl auch die Naturbegeisterung und Wanderleidenschaft. Als Frau war sie nach dem Zeugnis einer jüngeren Verwandten „bis ins hohe Alter eine gewinnende Erscheinung, von seltener Herzensgüte und Sanftmut“.[3]

Die fünf Söhne und drei Töchter des Strafrechtlers zeigten alle eine ausgeprägte Hochbegabung[4]: Anselm (1798–1851, Vater des Malers Anselm Feuerbach) war vielfach musisch begabt und wurde mit dem Werk Der vatikanische Apollo bekannt; Karl (1800–1834) promovierte als 22-jähriger mit einer mathematischen Entdeckung (er beschrieb erstmals den Neunpunktekreis, der nach ihm „Feuerbach-Kreis“ heißt); Eduard (1803–1843) besaß die Anlagen zum Naturforscher, wandte sich allerdings dem Vater zuliebe der Rechtswissenschaft zu, die er schon als 24-Jähriger erst in München, dann in Erlangen lehrte; Friedrich (1806–1880) studierte Indologie und Sanskrit bei Friedrich Rückert, Christian Lassen und August Wilhelm Schlegel; er trat auch als Übersetzer und Autor hervor. Von den drei Schwestern ist eine musikalische Begabung bekannt. Helene dichtete und komponierte; nach einem unsteten Leben, das sie nach England und Frankreich geführt hatte, lebte sie bis zu ihrem Tod in Italien. Die beiden jüngeren, Leonore und Elise, blieben unverheiratet bei der Mutter.

Alle Brüder Ludwigs engagierten sich in ihrer Studienzeit in der Burschenschaftsbewegung, die in der ersten Zeit nach den Befreiungskriegen die einzige einigermaßen zielgerichtete Opposition gegen die Restauration darstellte. Anselm und Eduard gehörten vermutlich, Karl erwiesenermaßen dem geheimen Jünglingsbund an, zu dessen Zielen eine republikanische Verfassung und Bürgerfreiheiten in einem geeinten Deutschland gehörten. Auch beim jungen Ludwig Feuerbach sind Sympathien für die studentische Bewegung belegt, eine aktive Beteiligung ist nicht nachweisbar.[5]

Kindheit, Jugend, Studium

Briefmarke zum 200. Geburtstag

Als Zweijähriger kam Ludwig Feuerbach nach München, wo er später die Grundschule besuchte. Freundschaften seines Vaters brachten es mit sich, dass in der Familie etliche der Geistesgrößen des damaligen München verkehrten, unter ihnen der Philosoph Friedrich Heinrich Jacobi sowie die beiden Erneuerer des bayerischen Schulwesens Friedrich Immanuel Niethammer und Friedrich Thiersch. Nach der Versetzung des Strafrechtlers nach Bamberg besuchte Ludwig dort die Oberprimärschule. 1816 trennten sich die Eltern für mehrere Jahre. Die Brüder Friedrich, Ludwig und Eduard zogen mit dem Vater nach Ansbach, die drei Schwestern blieben einstweilen bei der Mutter in Bamberg.

Nachdem Ludwig Feuerbach sich schon in der Gymnasialzeit in Ansbach intensiv mit Theologischem beschäftigt und dafür sogar beim örtlichen Rabbiner Hebräisch-Unterricht genommen hatte, begann er 1823 in Heidelberg ein Theologiestudium. Von der rationalistischen Theologie, die in Heidelberg von Heinrich Eberhard Gottlob Paulus gelehrt wurde, fühlte er sich heftig abgestoßen, doch der mit Georg Wilhelm Friedrich Hegel befreundete Carl Daub machte ihn auf die Philosophie aufmerksam. 1824 ging er nach Berlin, wo er gegen den Widerstand des Vaters das Studienfach wechselte: Zwei Jahre lang hörte er sämtliche Vorlesungen, die Hegel in dieser Zeit hielt, die Logik sogar zweimal. Da er als Stipendiat des bayerischen Königs das Studium an einer Landesuniversität abzuschließen hatte, kehrte er 1826 nach Bayern zurück. Nach einem Jahr privater Studien in Philologie, Literatur und Geschichte belegte er in Erlangen Botanik, Anatomie und Physiologie und schrieb gleichzeitig seine Dissertation mit dem Titel: Über die Unendlichkeit, Einheit und Allgemeinheit der Vernunft. Im Juni 1828 promovierte er in Philosophie, am Ende desselben Jahres folgte die Habilitation. Wenige Wochen danach begann er, als unbesoldeter Privatdozent in Erlangen zu lehren.

Erlangen, Bruckberg, die ersten Werke

Die akademische Karriere verbaute sich Feuerbach durch die anonyme Erstlingsschrift Gedanken über Tod und Unsterblichkeit. Sie erschien 1830 kurz nach dem Ausbruch der Unruhen, die im Gefolge der Pariser Julirevolution zwei Jahre lang auch ganz Deutschland erschütterten und im Hambacher Fest gipfelten. Wegen ihres religionskritischen Inhalts wurde die Schrift sofort verboten und der Verfasser polizeilich ermittelt. Im Frühjahr 1832 brach Feuerbach seine Vorlesungstätigkeit unvermittelt ab.

Auf der Suche nach Alternativen schrieb er die Aphorismensammlung Abälard und Héloïse oder Der Schriftsteller und der Mensch sowie die Geschichte der neuern Philosophie von Bacon von Verulam bis Benedict Spinoza. Letztere trug ihm die Einladung der hegelianischen „Societät für wissenschaftliche Kritik“ zur Mitarbeit an ihren „Jahrbüchern“ ein. Zwei der gelieferten Beiträge erregten Aufsehen: Der eine griff mit dem konservativen Staatsrechtler Friedrich Julius Stahl einen herausragenden Theoretiker der Restauration an. Der andere, veranlasst durch eine Polemik des Kantianers C. Fr. Bachmann gegen die Hegelschule, geriet zur Rechtfertigungsschrift der idealistischen Philosophie überhaupt. Weil der Aufsatz wegen seiner Länge von den „Jahrbüchern“ nur auszugsweise akzeptiert wurde, veröffentlichte Feuerbach ihn als eigenständige Schrift unter dem Titel Kritik des „Anti-Hegels“. Eine Einleitung in das Studium der Philosophie.

Im Wintersemester 1835/36 hielt Feuerbach noch einmal Vorlesungen in Erlangen, dann nahm er definitiv Abschied vom universitären Lehrbetrieb. Im ländlichen Bruckberg nahe Ansbach hatte er den ihm zuträglichen Ort gefunden. Seine Geliebte Bertha Löw, die 1837 seine Ehefrau wurde, war dort Mitinhaberin einer Porzellanmanufaktur, die im ehemals markgräflichen Jagdschloss untergebracht war. Die kleine Fabrik warf zwar nur bescheidene Gewinne ab, bot aber freies Wohnrecht und umfangreiche Naturaliennutzung. 1839 wurde eine erste Tochter, „Lorchen“, geboren, 1842 eine zweite, die sehr früh starb. Das einfache, aber insgesamt sorglose Leben auf dem Land entsprach Feuerbachs persönlichem Geschmack und die völlige Freiheit von allen akademischen Rücksichten wurde, wie er selbst bekannte, zum „archimedischen Punkt“[6] in seinem philosophischen Entwicklungsgang.

In Bruckberg trieb Feuerbach zunächst ausgiebig naturkundliche Studien und schrieb einen zweiten, ausschließlich Leibniz und dessen Monadentheorie gewidmeten Band seiner Geschichte der neuern Philosophie.

Die epochemachende Religionskritik

Eine Verlagerung der Aufmerksamkeit brachte im Herbst 1837 Arnold Ruges Einladung zur Mitarbeit an den Hallischen Jahrbüchern, dem ab 1. Januar 1838 erscheinenden publizistischen Sammelbecken der Junghegelianer: Die Zeitung bot Feuerbach ein willkommenes Forum, um in die geistig-ideologischen Auseinandersetzungen der Restaurationszeit einzugreifen. Er tat es mit einer Reihe von Rezensionen und Aufsätzen, von denen einige zu seinen wichtigsten Schriften zählen, so Zur Kritik der 'positiven Philosophie' (1838) und Zur Kritik der Hegelschen Philosophie (1839). Mit einer umfangreichen Stellungnahme meldete er sich in der Debatte zu Wort, die vom Kölner Bischofsstreit ausgelöst worden war; als der Abdruck in den Hallischen Jahrbüchern nach zwei Folgen von der Zensur verboten wurde, veröffentlichte er sie als eigenständige Schrift unter dem Titel Über Philosophie und Christentum in Beziehung auf den der Hegelschen Philosophie gemachten Vorwurf der Unchristlichkeit. Gleichzeitig schrieb er eine Monographie über den Begründer der französischen Aufklärung Pierre Bayle, die zum persönlichen Bekenntnisbuch wurde (1839).[7]

Die heftige Polemik gegen die als rückwärtsgewandt und unredlich kritisierte „Christentümelei“ der Restauration veranlasste ihn, dem Phänomen Religion auf den Grund zu gehen. Zwei Jahre lang, von 1839 bis 1841, arbeitete er am Hauptwerk Das Wesen des Christentums. Das Buch erschien im Frühjahr 1841 im Verlag Otto Wigand in Leipzig und machte Feuerbach schlagartig berühmt. Im selben Jahr entstanden sechs weitere Polemiken und Artikel; sie erschienen zunächst in den Hallischen Jahrbüchern und, als diese zensurhalber umbenannt und nach Dresden verlegt wurden, im Nachfolgeorgan Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst. Zum größeren Teil sind sie Erläuterungen seiner Religionskritik und Erwiderungen auf inzwischen erschienene Kritiken des Wesen des Christentums. In Zur Beurteilung der Schrift: Das Wesen des Christentums wird bereits deutlich, dass sich Feuerbach während der Arbeit an seinem Hauptwerk auch von Hegel gelöst hat.

In den Anfang 1842 geschriebenen, wegen des Verbots durch die Zensur allerdings erst im Herbst 1843 erschienenen Vorläufigen Thesen zur Reformation der Philosophie entwickelte Feuerbach erstmals seine berühmt gewordene Kritik der spekulativ-idealistischen Philosophie. Im darauffolgenden Winterhalbjahr arbeitete er diese Kritik systematisch aus in Grundsätze der Philosophie der Zukunft. Danach konzentrierte er sich wieder auf die Fortführung der Religionskritik: Im Sommer 1843 hatte er sich intensiv mit Luther beschäftigt und daraufhin Das Wesen des Glaubens im Sinne Luthers geschrieben, wo er anhand von Zitaten aufzeigte, dass seine Sicht des Christentums schon beim großen Reformator angelegt gewesen sei. Zwei Jahre lang arbeitete er dann an einer Schrift, die in ihrer ersten Fassung weniger als achtzig Seiten stark ist: Das Wesen der Religion. In ihr fließen Religionskritik und weltanschaulicher Materialismus erstmals explizit zusammen.

Seit dem Erscheinen des Wesen des Christentums war auch Feuerbachs Privatleben wesentlich bewegter als zuvor. Er ging häufiger auf Reisen: Im Sommer verbrachte er regelmäßig einige Wochen bei Christian Kapp in Heidelberg. Im Hause dieses Freundes entspann sich die bekannte Liebesaffäre mit der Tochter Johanna Kapp: Sie verliebte sich als Sechzehnjährige so heftig in Feuerbach, dass sie lebenslang alle Aspiranten abwies, darunter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben und Gottfried Keller (die Liebe war gegenseitig, Feuerbach „bereinigte“ die Affäre erst 1846 endgültig). In Heidelberg entstanden auch mehrere lebenslange Freundschaften, so mit Georg Herwegh, Friedrich Kapp und Jakob Moleschott. Im Sommer 1845 reiste Feuerbach von Heidelberg aus in die Schweiz, dann nach Köln und nach Westfalen. Häufiger war er auch in Nürnberg, wo inzwischen seine Mutter, zwei Schwestern und der jüngste Bruder Friedrich wohnten. Hier begann 1842 die Freundschaft mit Theodor Cramer, dem späteren Industriemagnaten Cramer-Klett, der sich zu dieser Zeit als Verleger in Nürnberg etablierte. In Bruckberg besuchte ihn erstmals Hermann Kriege, der einige Zeit mit Karl Marx und Friedrich Engels zusammenarbeitete und, obwohl wesentlich jünger, bei Feuerbachs Politisierung eine wesentliche Rolle spielte.

Durch seine in breiten Kreisen als befreiend empfundene Religions- und Idealismuskritik wurde Feuerbach zur intellektuellen Leitfigur der Dissidentenbewegungen des „Vormärz“. Ab 1842 erhielt er eine Reihe von Angeboten zur Mitarbeit an Zeitungen und Zeitschriften des oppositionellen Spektrums (so auch von der „Rheinischen Zeitung“). Er nahm keines wahr, eine Absage erteilte er 1843 auch Karl Marx, als dieser ihn für die in Paris erscheinenden (sehr kurzlebigen) Deutsch-französischen Jahrbücher gewinnen wollte. Marx ließ allerdings Das Wesen des Glaubens im Sinne Luthers im Pariser Vorwärts! abdrucken. Durch Lektüren und die Bekanntschaft mit einem Handwerksburschen entdeckte Feuerbach auch selbst die frühkommunistische Bewegung, die ihn begeisterte.

1845 erhielt Feuerbach von seinem Verleger Otto Wigand das Angebot, seine Schriften in einer Werkausgabe zu versammeln. Bis 1866 erreichten diese Sämmtlichen Werke zehn Bände. Der erste erschien bereits 1846; Feuerbach überarbeitete alle seine Bücher aus den dreißiger Jahren, um der inzwischen vollzogenen Abkehr von der Hegelschen Philosophie Rechnung zu tragen. Auch das inzwischen in zweiter Auflage erschienene Wesen des Christentums unterzog er einer nochmaligen Revision.

Paulskirchen-Parlament, Heidelberger Vorlesungen

Nach dem Ausbruch der März-Revolution 1848 wurde Feuerbach von mehreren Seiten dazu aufgefordert, für das Frankfurter Paulskirchenparlament zu kandidieren. Er unterlag zwar bei der Kandidatenaufstellung knapp einem örtlichen Advokaten, ging aber dennoch als Beobachter nach Frankfurt, auch weil er glaubte, sich eine neue Existenz aufbauen zu müssen: Da die Bruckberger Porzellanfabrik zeitweilig zahlungsunfähig war, verlor seine Frau ihr Einkommen, und dem Ehepaar drohte völlige Mittellosigkeit. In Frankfurt stand Feuerbach in engem Kontakt mit der Fraktion der radikaldemokratischen Linken. Zu den schon bestehenden Freundschaften mit Christian und Friedrich Kapp kamen hier wichtige neue Kontakte hinzu: Ludwig Bamberger, Julius Fröbel, Otto Lüning, Carl Vogt. Feuerbach erkannte sehr früh die Aussichtslosigkeit der parlamentarischen Bemühungen; auch auf außerparlamentarische Vereinigungen wie den Demokratenkongress, dessen eingeschriebenes Mitglied er war, setzte er kaum Hoffnungen. Im Herbst 1848 lud ihn eine studentische Delegation zu Vorlesungen in Heidelberg ein. Da die Universität die Aula verweigerte, las Feuerbach im Rathaussaal. Sein Publikum, etwa 250 Personen, bestand zu einem guten Drittel aus Studenten (darunter Gottfried Keller, der von Feuerbach „bekehrt“ wurde und das Erlebnis im Grünen Heinrich verarbeitete[8]), im übrigen aus Bürgern, Handwerkern und Arbeitern. Für die Vorlesungen arbeitete Feuerbach die 1846 erschienene Schrift Das Wesen der Religion zu dreißig Vorlesungen aus, die 1851 als achter Band der Sämmtlichen Werke in Druckform erschienen.

Jahrzehnt der Reaktion

Fotografie von Ludwig Feuerbach

Im Frühjahr 1849 zog sich Feuerbach wieder nach Bruckberg zurück, von wo aus er voller Bitterkeit den endgültigen Zusammenbruch der Revolution in Europa verfolgte. Eine Weile lang spornte die Reaktion seinen Widerstandsgeist an. Sie habe, schrieb er 1851 einem Freund, „meinen Fleiß verdoppelt, meinen Geist konzentriert, meine Gallenabsonderung befördert“. [9]

Im Bruckberger Schloss scheint mehrere Jahre ein so reges Gehen und Kommen von Freunden, Gesinnungsgenossen und Bewunderern geherrscht zu haben, dass es die Aufmerksamkeit der Behörden erregte. Bruckberg sei, so heißt es in einem Polizeibericht, ein „fataler Herd der Demokratie und Irreligiosität“, und man vermute, dass dort „politische Verbrecher Aufnahme und Verbergung finden“. Im Ort wurde eigens eine Gendarmeriestation eingerichtet, um die Bewohner der Porzellanfabrik besser überwachen zu können. [10] Mehr als Landpartien in Orte der näheren Umgebung konnte man freilich der munteren Gesellschaft im Schloss nicht nachweisen.

Eine Weile spielte Feuerbach auch mit dem Gedanken an eine Emigration in die USA, doch die Pläne scheiterten am fehlenden Geld. 1850 gelang es ihm noch, zwei bissig ironische Artikel gegen die siegreiche Reaktion zu publizieren; der zweite, eine Rezension von Moleschotts Lehre der Nahrungsmittel für das Volk, wurde berühmt durch ein beiläufiges Wortspiel: „Der Mensch ist, was er isst.“ [11] Neben einer zweibändigen Herausgabe von Nachlassschriften seines Vaters arbeitete er dann viele Jahre lang an der gelehrten Theogonie nach den Quellen des klassischen, hebräischen und christlichen Altertums, die 1857 erschien. Doch beide Werke fanden keine Resonanz mehr. Nachdem die Reaktion jeden politisch-emanzipatorischen Funken gründlich erstickt hatte, verschwand auch Feuerbachs Philosophie völlig aus dem öffentlichen Interesse; der allgemeine Defätismus verhalf der bislang fast unbekannten Schopenhauerschen Philosophie zu einem rasanten Aufstieg. Feuerbach hingegen wurde 1856 in einer Zeitungsmeldung sogar totgesagt. In Frankreich, England und den USA indes, wo Übersetzungen des Wesens des Christentums erschienen waren, begann er bekannt zu werden.

Rechenberg, Alterswerk

1859 war die Bruckberger Porzellanfabrik endgültig bankrott. Feuerbach und seine Frau verloren nicht nur alle investierten Ersparnisse, sondern auch Wohnrecht und Naturaliennutzung. Nach mühsamer Suche fand sich ein als Sommerwohnsitz konzipiertes Haus im kleinen Ort Rechenberg, damals noch vor den Toren Nürnbergs gelegen. Freunde aus der achtundvierziger Revolutionszeit bezahlten den Umzug und sammelten Spenden, die so reichlich flossen, dass Feuerbach nach einiger Zeit selbst um Einstellung der Sammlung bat. Von 1862 an erhielt er eine regelmäßig erneuerte Ehrengabe der eben geschaffenen Schillerstiftung, außerdem zwei Leibrenten: die eine von Ludwig Bamberger, der im französischen Exil zum einflussreichen Bankier aufgestiegen war, die andere vom Nürnberger Industriemagnaten Theodor von Cramer-Klett. Auch Besucher waren wieder häufiger. Da mit dem Anbruch der „Neuen Ära“ 1858 die Exilierten wieder einreisen durften, kamen Friedrich Kapp, Carl Vogt, Georg Herwegh, Ludwig Pfau und andere nach Rechenberg. Das Haus bot freilich längst nicht die Ruhe und Idylle von Bruckberg, Feuerbach litt schwer unter dem Verlust seines „Musensitzes“ und fand auch nicht zur früheren Arbeitsfähigkeit zurück. Er rang sich dennoch eine Reihe kürzerer Texte ab, darunter die bedeutende Abhandlung Über Spiritualismus und Materialismus, besonders in Beziehung auf die Willensfreiheit.

Der preußisch-österreichische Krieg 1866 erschütterte Feuerbach zutiefst. Anders als früher verfolgte er jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit das politische Geschehen. Bismarcks Einigungspolitik lehnte er entschieden ab, weil sie auf Gewalt gestützt war und in seinen Augen keine Freiheit brachte, hingegen studierte er den ersten Band von Marx’ Kapital kurz nach dessen Erscheinen und begeisterte sich für die in Amerika aufkommende Frauenbewegung. 1867 erlitt er einen leichten Schlaganfall, von dem er sich, vom freigeistigen Bergbauern Konrad Deubler eingeladen, im österreichischen Salzkammergut erholte. Im Frühjahr und Frühsommer 1868 begann er ein neues Buch über Moral und Willensfreiheit, doch im Sommer brach er die Arbeit daran ab. Am 20. Juli 1870 – am Vortag war der Deutsch-Französische Krieg erklärt worden – traf ihn ein zweiter, schwerer Schlaganfall, der sein geistiges Vermögen völlig zerstörte. Nur sehr beschränkt kontaktfähig, lebte Feuerbach noch etwas mehr als zwei Jahre. Am 13. September 1872 erlag er einer Lungenentzündung.

Grab Feuerbachs auf dem Johannisfriedhof in Nürnberg

1869 war Feuerbach in die kurz zuvor von Wilhelm Liebknecht und August Bebel gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) eingetreten.[12] Um den Jahreswechsel 1871/72 rief eine der Partei nahestehende Zeitung dazu auf, für den angeblich verarmten Philosophen Geld zu sammeln. Zahlreiche andere Zeitungen übernahmen den Aufruf. Wenige Wochen später rief auch die auflagenstarke Familienzeitschrift Die Gartenlaube am Ende eines doppelseitigen Artikels über Feuerbach zu einem „Nationaldank“ auf. Die Spenden flossen so reichlich, dass für Frau und Tochter, um deren Zukunft Feuerbach gebangt hatte, ein bescheidenes, aber lebenslanges Auskommen gesichert war. Am Begräbnis auf dem Nürnberger Johannisfriedhof nahm eine, wie es in Zeitungsberichten hieß, „unübersehbare“ Menschenmenge teil: Neben zahlreichen bürgerlichen Vereinigungen hatte auch die mitgliederstarke Nürnberger Sektion der SDAP zur Massenkundgebung aufgerufen. Theodor von Cramer-Klett stiftete das Grabmal.

Hauptmomente der Philosophie Feuerbachs

Feuerbachs Philosophie ist immer auch die Frucht intensiver Auseinandersetzung mit herrschenden geistigen Strömungen. Er hat nie versucht, ein philosophisches System zu entwickeln, später lehnte er solche Systeme sogar grundsätzlich ab. Sein kritischer Geist verschonte auch eigene Anschauungen nicht, was unter anderem dazu führte, dass er sich gegen Ende der dreißiger Jahre von der ursprünglich vertretenen Philosophie des Deutschen Idealismus abwandte und eine Sichtweise entwickelte, die zu ihr in diametralem Gegensatz stand. Diese Wende macht es schwierig, Feuerbachs Philosophie „im Längsschnitt“, also nach einzelnen Themen aufgefächert, zu behandeln; bei der Darstellung ist immer auch die Chronologie zu berücksichtigen.

Anfängliches Vertrauen auf die einheitsstiftende Vernunft

Als Schüler und Bewunderer Hegels bekannte sich Feuerbach in den ersten Jahren seines Schaffens zu seinem Meister. In der Erlanger Dozentenzeit 1829–32 lehrte er Hegels Philosophie als das „Organ der Philosophie selbst“[13], und noch 1835 verteidigte er Hegel öffentlich (in der Kritik des „Anti-Hegels“). Dessen Philosophie begeisterte ihn jedoch nicht nur als grandiose intellektuelle Leistung. Für ihn verwirklichte sie auch ein Menschheitsideal, das die spätere Aufklärung insgesamt beseelte: Indem diese Philosophie ausschließlich auf die Vernunft, an der alle Menschen teilhaben, aufbaute, stiftete sie etwas die Menschheit Einigendes. So schrieb Feuerbach: „Denkend bin ich verbunden, oder vielmehr: Ich bin eins mit allen, ich selbst bin geradezu alle Menschen“. Oder, in Anlehnung an das Ich denke, also bin ich von Descartes: „Ich denke, also bin ich alle Menschen“.[14] Seine Zuversicht zu Beginn seiner philosophischen Laufbahn beruhte auf der Überzeugung, dass diese „Eine, allgemeine, unendliche Vernunft“ (so der Titel der Habilitationsschrift) letztgültige philosophische Wahrheitserkenntnis ermöglicht und alle Wirklichkeit begrifflich erfassen lässt. Deshalb war der Primat des Geistigen für ihn lange Zeit fraglos, und er bekannte sich ausdrücklich zum Idealismus: Eigentliche Wahrheit kommt nur dem „Idealen“, dem Geistigen zu. Zur Rechtfertigung berief er sich wiederholt auf das Beispiel des kopernikanischen Weltbildes: Das „Materielle“ (das Auf- und Untergehen der Sonne) täuscht, wahr ist das „Geistige“ (die durch Theorie gewonnene Erkenntnis).

Feuerbachs philosophische Parteinahme hatte aber auch eine historische Komponente: Hegels rein rationales Denkgebäude war der progressive Gegenpol zur katholisierenden Romantik, die sich zusehends enger an die politische Rückwärtsbewegung der Metternichschen Restauration anschloss (deutlich in der Polemik gegen F. J. Stahl, Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht…, schärfer in Zur Kritik der 'positiven Philosophie').

Philosophiegeschichtsschreibung

Neues schuf Feuerbach zunächst auf dem Gebiet der Philosophiegeschichtsschreibung. Hier ging er über Hegel hinaus und leistete Pionierarbeit, indem er die philosophischen Systeme nicht, wie Hegel, als bloße Momente in der dialektischen Selbstfindung des Geistes verstand, sondern ihnen eine jeweils eigene Gültigkeit und Notwendigkeit zusprach. Seine Methode der „Entwicklung“, die nach dem Positiven, dem „wahren Sinn“ der philosophischen Systeme fragt, ist im modernen Sinne hermeneutisch.[15] Die beiden Werke Geschichte der neuern Philosophie von Bacon von Verulam bis Benedict Spinoza (1833) und Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnizschen Philosophie (1837), ebenso der Zyklus der 1835/36 in Erlangen gehaltenen Vorlesungen über die Geschichte der neueren Philosophie[16], zählen zu den wichtigsten Werken Feuerbachs.

Geist und Natur

In einer Rückschau sagte Feuerbach, er habe in den Werken der dreißiger Jahre „unter fremden Namen“ die eigenen Gedanken ausgesprochen.[17] Tatsächlich zieht sich vor allem durch die philosophiegeschichtlichen Arbeiten sehr deutlich ein Hauptmotiv, nämlich die zwiespältige Stellung der Natur in der abendländischen Philosophie seit Descartes. Die Art und Weise, wie die Philosophen der Neuzeit der Natur begegneten und sie in ihre Denksysteme einordneten, empfand er als dualistisch, als gewaltsamen Bruch: Weil bei ihnen immer der Geist das eigentliche Sein, also das Primäre ist, die Materie hingegen bloß sekundäres, uneigentliches Sein, wird die Natur abgewertet. Dieser Dualismus beginnt mit Descartes, für den die Materie lediglich das „Ausgedehnte“ war, und zieht sich – wenngleich in subtilerer Form – bis hin zu Hegel. Dieser Geringschätzung der Natur steht Feuerbachs persönliches und ästhetisches Erleben entgegen: Er erfährt sie als überwältigende „Herrlichkeit“; sie hat eigene „Qualität“, ja Autorität, auf die das Denken zu antworten hat.

Dieses Hauptmotiv tritt bereits in der Geschichte der neuern Philosophie in vielfältiger Weise hervor: Anders als in der Hegelschule üblich, ließ Feuerbach die Philosophie der Neuzeit nicht mit Descartes, sondern mit Francis Bacon beginnen; er begründete dies damit, dass Bacon das systematisch gesammelte Erfahrungswissen, also die Naturwissenschaften, zur „Grundlage alles Wissens“ erhoben habe.[18] Immer wieder betonte er die Bedeutung des Naturstudiums für die Entwicklung philosophischer Erkenntnis, und der ganze zweite Teil des Buches ist eine Interpretation der Philosophiegeschichte im Sinne eines fortschreitenden spekulativen Vollzugs der Einheit von Geist und Natur. Nach dem Abschluss des Werkes beschäftigte sich Feuerbach intensiv mit den italienischen Naturphilosophen der Renaissance, besonders mit Giordano Bruno, mit dessen emphatischer Naturbegeisterung er sich identifizierte. Spinozas Pantheismus (Geist und Natur sind Erscheinungsformen der einen, göttlichen Substanz) war für ihn eine philosophische Position, hinter die nicht zurückgeschritten werden durfte.

In der Monographie über Leibniz[19] beschritt Feuerbach einen von Hegel bereits abweichenden Weg, um die Einheit von Geist und Natur zu begründen: Ausgehend von Leibniz' Monadentheorie wird die materielle Wirklichkeit, also die Natur, als „alter ego“ des Geistes, als sein ebenbürtiges, ihn auch herausforderndes Gegenüber gefasst. Sie erhält ein Eigenrecht, das nicht an die spekulative Erfassung gebunden ist. Dieser Ansatz baute freilich immer noch auf die klassisch-philosophische Begriffsspekulation auf. Feuerbach hat ihn deshalb nicht weiterverfolgt und später ausdrücklich kritisiert.

Religionskritik aufklärerisch

In seiner Studienzeit in Berlin hatte sich Feuerbach persönlich dem angestammten protestantischen Glauben entfremdet. Bereits in der ersten öffentlich verbreiteten, allerdings anonym herausgegebenen Schrift Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (1830) verwarf er den Unsterblichkeitsglauben als lebensfeindlich: Ein Leben nach dem Tod zu wünschen, widerspreche dem Funktionieren der Natur, in der alles, also auch der Tod, „wahr, ganz, ungeteilt vollständig“ sei: „Der Tod ist daher die ganze, die vollständige Auflösung deines ganzen und vollständigen Seins.“[20] Vor allem aber gelange man erst durch die ungeteilte Bejahung des Todes zur ungeteilten Bejahung des Lebens. Auch den Glauben an einen persönlichen Gott lehnte er in dieser ersten Schrift bereits entschieden ab. Dieser Glaube sei selbstsüchtig, denn der Personen-Gott sei für den Gläubigen nur „Gewährleistung seiner selbst und seines eigenen Daseins“.[21] Offen bekannte sich Feuerbach zu jenem Pantheismus, dem im Gefolge Spinozas die meisten Denker und Dichter der Spätaufklärung und der Weimarer Klassik insgeheim anhingen. Die deftig-satirischen Xenien im zweiten Teil des Buches dokumentieren die Abkehr von traditioneller und kirchlicher Gläubigkeit. Trotz der teilweise ungelenken Verse haben sie bis heute viel von ihrem polemischen Biss bewahrt.

Beim Thema Religion notierte Feuerbach auch früh einen Dissens mit seinem Lehrer: Hegel hatte auf einer grundsätzlichen Übereinstimmung von Philosophie und christlichem Glauben beharrt. Feuerbach war gegensätzlicher Meinung, doch er kritisierte Hegels Auffassung im Frühwerk nur implizit, so etwa in der Einleitung der Geschichte der neuern Philosophie, wo er die historische Entwicklung nicht, wie Hegel, als „Stufengang des Geistes“ sah, sondern auf einen scharfen Gegensatz zwischen dem Christentum und dem „denkenden Geist“ hinauslaufen ließ: Der Geist habe sich (wie übrigens auch die Kunst) aus der „drückenden Herrschaft“ der Religion zu befreien gehabt.[22] Deutlicher wurde er im Aufsatz gegen Friedrich Julius Stahl, wo er – zum Befremden auch vieler Hegelianer – radikal jede Gemeinsamkeit zwischen der Religion und säkularen Institutionen wie dem Recht verneinte; die beiden Bereiche seien einander dem Wesen nach fremd, ja entgegengesetzt.[23]

Erst als er der universitären Philosophie endgültig den Rücken kehrte und sich als freier Schriftsteller im ländlichen Bruckberg etablierte (1837), machte Feuerbach die Religionskritik zu seinem Hauptthema. Schon im letzten Kapitel der Leibniz-Monografie und vor allem in der Monografie über den Begründer der französischen Aufklärung Pierre Bayle sprach er mit einer für die damaligen deutschen Verhältnisse unerhörten Direktheit aus, was die französischen Aufklärer schon im 18. Jahrhundert mehr oder weniger offen vertreten hatten: Der religiöse Glaube habe sich überlebt, er sei des „denkenden Menschen“ unwürdig. Anders als viele Aufklärer führte Feuerbach aber die religiöse Gläubigkeit nicht auf kirchliche Bevormundung („Pfaffenbetrug“) zurück oder, wie Immanuel Kant, auf die Scheu, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Er arbeitete vielmehr zwei gegensätzliche Geisteshaltungen heraus: auf der einen Seite der in Dogmen befangene und die Einsprüche der Vernunft abwehrende „Geist der Theologie“, auf der anderen Seite der „Geist der Wissenschaft“, der die Vernunft und die Gesetzmäßigkeit in der Natur als einzige Erkenntnisinstanz anerkennt. Vernunft und Wissenschaft seien aber in der Neuzeit zu so unabweisbaren Ergebnissen gelangt, dass es zur Frage der intellektuellen Redlichkeit werde, ob man noch an den religiösen Dogmen festhält; der Glaube hatte für Feuerbach seine einstige Unschuld und Berechtigung verloren, er wurde für ihn zur „Heuchelei“ vor sich selbst und der Mitwelt.

Diese Argumentation hatte eine historisch-gesellschaftliche Stoßrichtung, sie richtete sich gegen restaurativ-religiöse Tendenzen der Zeit, denen Feuerbach schon in der Polemik gegen Friedrich Julius Stahl den Kampf angesagt hatte.[24] Das bezeugen zwei weitere Schriften, die etwa zur selben Zeit wie die Bayle-Monografie entstanden, allerdings als Beiträge zu aktuellen Debatten für eine Tageszeitung (die „Hallischen Jahrbücher“) gedacht waren: Zur Kritik der 'positiven Philosophie' und Über Philosophie und Christentum in Beziehung auf den der Hegelschen Philosophie gemachten Vorwurf der Unchristlichkeit.[25] In teilweise scharfer Polemik spitzte Feuerbach hier das Argument der unvereinbaren Standpunkte zu: Wenn konservative Philosophen und Politiker forderten, die Philosophie habe sich an der Christlichkeit auszurichten, so entgegnete er mit vehementer Ablehnung jeglicher Vermittlung zwischen Religion und Philosophie. Bei der Philosophie könne es kein Mehr oder Weniger an Christlichkeit geben, die Philosophie habe mit Christlichkeit so wenig zu tun wie etwa die Mathematik.[26]

Religionskritik „kritisch-genetisch“

Diese aufklärerisch-polemische, im Grunde lediglich verneinende Religionskritik überwand Feuerbach, als er in seinem berühmten Hauptwerk Das Wesen des Christentums (1841) der Religion als „geistiger Naturforscher“[27] begegnete und sie dadurch als menschliches Phänomen ernst nahm. Statt sie, wie noch Hegel, in das Prokrustesbett eines philosophischen Systems einzuzwängen, ließ er sie erst einmal in ihrer Eigenart gelten (der „verstehende“ erste Teil des Buches ist doppelt so lang wie der „kritische“ zweite Teil). Im Vorwort zur zweiten Auflage schrieb er: „Ich aber lasse die Religion sich selbst aussprechen; ich mache nur ihren Zuhörer und Dolmetscher, nicht ihren Souffleur. Nicht zu erfinden – zu entdecken, ‚Dasein zu enthüllen‘ war mein einziger Zweck.“[28]

Feuerbach gelangte so zu einer Erklärung, die im modernen Sinne humanwissenschaftlich ist: Die Religion ist nicht einfach „Unsinn“ oder „Aberglaube“, sie ist die bildhafte Äußerung von Eigenschaften und Impulsen, von „Kräften“, die der Mensch als so wichtig und wesentlich empfindet, dass sie für ihn sein „Wesen“, sein eigentliches Menschsein ausmachen: Die Religion ist „identisch … mit dem Bewusstsein des Menschen von seinem Wesen“.[29] Diese Kräfte erscheinen ihm nicht als individuell begrenzt, sondern als über den einzelnen Menschen hinausgehend: „Wille, Liebe oder Herz sind keine Kräfte, welche der Mensch hat“, sie sind „die ihn beseelenden, bestimmenden, beherrschenden Elemente, denen er keinen Widerstand entgegensetzen kann“.[30] Und weil der Mensch diese Kräfte oder Fähigkeiten als über seine individuelle Beschränktheit hinausgehend empfindet, hypostasiert und verabsolutiert er sie, er setzt sie „aus sich hinaus“ und verehrt sie „als ein andres, von ihm unterschiednes, eignes Wesen“.[31]

Dieses Verständnis des Gottesglaubens erlaubt im Rückschluss die anthropologische Deutung der Religion: „Die Religion ist die Reflexion, die Spiegelung des menschlichen Wesens in sich selbst.“ – „Gott ist der Spiegel des Menschen.“ – „Gott ist das offenbare Innere, das ausgesprochene Selbst des Menschen.“[32] Die religiösen Glaubensinhalte vermitteln also eine Botschaft, sie geben Aufschluss über das „Wesen“ des Menschen: Gott ist für den Menschen das „Stammbuch, in welches er die Namen der ihm teuersten, heiligsten Wesen einträgt“.[33] In zwölf Kapiteln des Wesens des Christentums versuchte Feuerbach, die wichtigsten „Geheimnisse“ des christlichen Glaubens nacheinander zu deuten, indem er ihren anthropologischen Gehalt herausschälte: Wenn die Religion sagt, Gott liebe den Menschen, so bedeute das: „Das Höchste ist die Liebe des Menschen“.[34] Oder: „Das Geheimnis des leidenden Gottes“ besagt: „Leiden für andere ist göttlich“.[35] Und dass Gott empfindet, heißt: „Die Empfindung ist göttlichen Wesens“.[36]

Bemerkenswert ist, dass Feuerbach hinter den „Geheimnissen“ des Glaubens stets das „Herz“ oder „Gemüt“ vorfand, wobei er beide Wörter synonym und paarweise verwendete; Begriffe wie „Empfindung“, „Gefühl“, „Phantasie“ treten oft ergänzend hinzu. Feuerbach hatte damit offensichtlich etwas im Blick, wofür es seiner Zeit noch keinen adäquaten Begriff gab („Seele“ und „Geist“ waren religiös oder philosophisch besetzt), und was wir heute als Psyche bezeichnen: das Zusammenspiel der teils bewussten, teils unbewussten Regungen, Empfindungen und Vorstellungen, die im Menschen das affektiv-emotionale Verhalten und weitgehend auch die Wahrnehmung bestimmen. Für den mit dem psychoanalytischen Ansatz vertrauten Leser ist die Nähe zu Freud nicht zu übersehen.

Vielfach wird versucht, Feuerbachs Religionskritik mit dem Begriff der „Projektion“ zu erläutern. Feuerbach selbst hat ihn nie verwendet (eine Projektionsmetapher hätte er auch als logisch inkonsistent kritisiert, denn projizieren kann man nur auf etwas, das existiert, und er verneinte ja die transzendente Existenz Gottes). Tatsächlich blendet der Ausdruck einen wichtigen Aspekt der Intention Feuerbachs aus: Ihm ging es nicht nur um die Feststellung von psychischen „Fehlleistungen“, sondern positiv um die Freilegung des unter den religiösen Bildern verdeckten Inhalts.

Diesen Inhalt wollte Feuerbach freilegen, um ihn für das menschliche Zusammenleben nutzbar zu machen. Seiner Deutung lag also eine therapeutische Intention zugrunde. Er habe sich, sagte er im Vorwort zum ersten Band seiner Sämmtlichen Werke, „die Ergründung und Heilung der Kopf-, auch Herzkrankheiten der Menschheit zur Aufgabe gemacht“.[37] Im Grunde tat Feuerbach nichts anderes als später Freud, wenn er den Traum einerseits entschlüsselte, indem er seine natürliche Funktionsweise aufdeckte, und ihn andererseits als kostbare Erkenntnisquelle für die Therapie nutzte.

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