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Jenna Gribbons „Me, a Lurker“ von 2020

Jenna Gribbons „Me, a Lurker“ von 2020
Quelle: © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Foto: Ludger Paffrath



Die deutschen Museen werben gerne damit, jetzt auch divers, nachhaltig und gerecht zu sein. Gibt es aber in den deutschen Museen tatsächlich mehr Künstlerinnen? Wer nur im Kielwasser mitschwimmt, und wer es wirklich ernst meint. Eine kritische Bestandsaufnahme.

Schaut man sich den jüngsten Kunstkompass an, der seit 1970 Ruhm und Rang zeitgenössischer Künstler durch Resonanz und nicht durch Preise misst, befinden sich seit Jahren konstant nur zwei Frauen unter den Top 10: Rosemarie Trockel und Cindy Sherman. In den Vorjahren wurden auch mal Louise Bourgeois und Pipilotti Rist gesichtet. Zu den weiblichen Aufsteigern in die Top 100 gehören Haegue Yang, Hito Steyerl und Valie Export; der höchste Punktzuwachs findet sich bei acht Künstlerinnen darunter wieder Louise Bourgeois, aber auch Yayoi Kusama, Alicja Kwade und Anne Imhof. Glaubt man dieser Liste, setzt sich der Trend der letzten Jahre fort, dass Künstlerinnen an Aufmerksamkeit bei Galeristen, Museen, Auktionshäusern und Sammlern gewinnen – und auch teurer werden.

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Das ändert allerdings nichts daran, dass sich beim Preis-Ranking der teuersten lebenden Künstler laut Barnebys ausschließlich Männer unter den Top 10 finden – und zwar mit zweistelligen Millionenpreisen. Die teuersten lebenden Künstlerinnen bleiben dagegen alle unter der 10 Millionen-Marke. Umso bemerkenswerter ist der Rekordpreis von 10,5 Millionen Euro, den das Ölgemälde „Propped“ (1992) der Engländerin Jenny Saville bei Sotheby’s am 5. Oktober 2018 erzielte, mit dem sie zur teuersten lebenden Künstlerin auf dem Auktionsmarkt avancierte. Der weibliche Akt auf einem Barhocker, der aus der Untersicht gemalt ein ungeschöntes Selbstporträt der Künstlerin präsentiert, stammte aus der prominenten Sammlung des 2014 verstorbenen David Teiger, der als begeisterter Förderer und Kunstsammler dem MoMA eng verbunden war.

Schließt man bereits verstorbene Künstlerinnen in das Ranking ein, so nehmen laut Barnebys Georgia O’Keeffe, Louise Bourgeois und Tamara de Lempicka mit deutlich zweistelligen Millionenbeträgen die Spitzenplätze ein. Alle drei Künstlerinnen eint bei aller Unterschiedlichkeit eine erotisch aufgeladene Ikonografie, seien es die sinnlichen Blüten O’Keeffes, die vom 23. Januar an in der Fondation Beyeler bei Basel gefeiert werden wird, die genitalen Obsessionen der Louise Bourgeois (im Sommer 2022 mit einer Retrospektive im Gropiusbau in Berlin) oder die aufreizende Freizügigkeit der neusachlichen Frau bei Tamara de Lempicka. Ob affirmativ oder kritisch, obsessiv, offensiv oder provokativ – die Auseinandersetzung von Künstlerinnen mit ihrer weiblichen Identität kann zumindest als Indikator für einen emanzipatorischen Prozess gedeutet werden, der erst Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen hat.

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Die ungleichen Bedingungen der Teilhabe wurden bereits 1971 zum Ausgangspunkt für den provokanten Essay von Linda Nochlin „Why Have There Been No Great Women Artists?“, mit dem die amerikanische Kunsthistorikerin zur Mitbegründerin der feministischen Kunstgeschichte wurde. 50 Jahre später wird immer noch diskutiert. Saskia Trebing hat im Kunstmagazin „Monopol“ eine Bestandsaufnahme in Sachen Geschlechterungerechtigkeit in der Kunst versucht, die zeigt, wie wenig sich verändert hat. So verdienstvoll und wichtig die Wiederentdeckung „übersehener“ Künstlerinnen, oft im hohen Alter, sei, so folge sie doch häufig einem Narrativ der überwundenen Widerstände, das nicht notwendigerweise die genuine Leistung würdige.

Dass wir es in der Kunst wie in fast allen anderen Lebensbereichen mit einer systemischen Benachteiligung der Frau zu tun hatten und auch noch haben, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Einen ebenso aufsehenerregenden wie umstrittenen Beitrag dazu hat 2019 die Tate Gallery in London geleistet, indem sie ein Jahr lang ausschließlich Kunst von Frauen gezeigt hat. Es sind immer wieder dieselben unergiebigen Argumente wider die Quote, die radikale Maßnahme dieser Art mit wohlfeiler Empörung begleiten. Und man bekommt den Eindruck, dass die öffentliche Diskussion kaum einen Meter weiterkommt.

Wie aber sieht die Lage wirklich aus? Wo stehen wir in den Museen? Welche Förderung von Künstlerinnen ist sinnvoll, welche eher fragwürdig? Der Blick auf die Arbeit der Museen zeigt, dass es zwar erkennbare Fortschritte gibt, aber immer noch einen großen Nachholbedarf, um die großen Frauen in der Kunst anzuerkennen. Einzelne Projekte stachen in den letzten Jahren heraus – seien es die „Fantastischen Frauen“, mit denen die Schirn Kunsthalle Frankfurt 2020 erstmals den weiblichen Beitrag zum Surrealismus gewürdigt hat, oder die „Vergessenen Bauhaus Frauen“, die im Fokus der Stiftung Weimarer Klassik standen. Zurzeit läuft eine Ausstellung, die ebenfalls diesen Ansprüchen entspricht – die Frauen im Design seit 1900 bis heute, die im Vitra Design Museum mit „Here we are!“ auf Sichtbarkeit und Gleichberechtigung pochen (bis 6. März 2022).

Georgia O‘Keeffe, „Landschaft bei Black Mesa, New Mexico“, 1930

Georgia O‘Keeffe, „Landschaft bei Black Mesa, New Mexico“, 1930
Quelle: Georgia O’Keeffe Museum / 2021, ProLitteris, Zurich


In ihrem „Kampf um Sichtbarkeit“ wurden im letzten Jahr auch die Künstlerinnen der Alten Nationalgalerie vor 1919 unterstützt, während die gläserne Bühne der Neuen Nationalgalerie 2022 gar gänzlich den Frauen gehört. Um die gläserne Decke zum künstlerischen Olymp zu durchbrechen, müssen manche Künstlerinnen erst aus dem Schatten ihrer prominenten Ehemänner hervorgeholt werden, wie es die gefeierte Ausstellung von Sophie Taeuber-Arp im MoMA (bis 12. März 2022) zeigt und die grandiose Doppelausstellung von Anni und Josef Albers im Musée d’Art Moderne de Paris eindrucksvoll vor Augen führten.

Schließlich gilt es die „dreifache Verleugnung von Künstlerinnen of Color“, die Adrian Piper bereits 1990 angeprangert hat, zu überwinden, was einer Künstlerin wie Lynette Yiadom-Boakye mit ihrer fantastischen Einzelausstellung im K20 in Düsseldorf mit großer Lässigkeit gelingt (bis 13. Februar 2022). Genauso gilt es aber auch, die geschlechtsspezifische Codierung des kulturell geprägten Blicks auf den weiblichen Körper nach allen Regeln der Kunst zu hinterfragen. Dafür bedarf es eines Blickwechsels im doppelten Wortsinn: im Sinne eines grundsätzlichen Perspektiv- und Richtungswechsels und im Sinne eines Blickwechsels zwischen den Geschlechtern. Das Sehen und das Gesehenwerden ist die Bedingung für die Möglichkeit der Gleichberechtigung auch und gerade in der Kunst.

Christian Schads „Halbakt“ von 1929, zu sehen in Heidelberg

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Quelle: © Christian Schad Stiftung Aschaffenburg / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Foto: Antje Zeis-Loi, Medienzentrum Wuppertal


Das dies nicht immer gelingt und gelingen kann, zeigt ein Blick auf eine Fülle weiterer Ausstellungen, von denen sich einige im Kielwasser der Debatten wohlfühlen, aber ihr eher einen Bärendienst erweisen. Zwei aktuelle „Frauenausstellungen“ geben uns hier ein differenziertes Bild und verdeutlichen die Unterschiede. „Frauenkörper“ im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg (bis 20. Februar 2022) und der „Zweite Blick“ im Berliner Bode-Museum (bis auf Weiteres) sind dem zumeist männlichen Blick auf die Frau gewidmet. Gemeinsam ist jedoch den Ausstellungen, dass die Bedingungen und Kontexte, unter denen Frauen gemalt haben oder dargestellt worden sind, maßgeblich mit in den Blick genommen werden.

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In der von Dagmar Hirschfelder kuratierten Ausstellung „Frauenkörper“ geht es einmal mehr um die Entwicklung des weiblichen Akts von Dürer bis Cindy Sherman. An diesem Ansatz ist nichts neu. Umso erstaunlicher, weil Hirschfelder während der Laufzeit ihrer Ausstellung nach Berlin berufen wurde und dort nun die renommierte Gemäldegalerie leitet. Nicht die Frau als Künstlerin, sondern als Bildgegenstand steht bei ihr im Fokus. Rund 130 Aktdarstellungen führen nicht nur vor Augen, wie sich die Körperideale in 500 Jahren gewandelt haben, sondern auch, wie sehr die Darstellung der Frau und Vorstellung von Weiblichkeit durch den Blick meist männlicher Künstler und Auftraggeber geprägt worden ist.

So wie sich weibliche Nacktheit seit der frühen Neuzeit in den vornehmen Deckmantel der Kunstschönheit hüllen ließ, konnten sich seitdem auch Schmerz, Gewalt und Erotik miteinander vermischen, um im Gewand biblischer, mythologischer oder historischer Szenen nicht nur ästhetische, sondern auch voyeuristische Bedürfnisse zu befriedigen. Erst mit der Moderne und dem Zugang zu Ausbildungs- und Ausstellungsmöglichkeiten für Künstlerinnen setzte eine Auseinandersetzung mit der weiblichen Identität und Sexualität ein. Schließlich fanden seit den 1960-er Jahren auch aktuelle Körperdebatten Eingang in die Kunst der feministischen Avantgarde.

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Im Gegensatz zu diesem konventionellen Projekt steht der innovative und dazu noch umweltfreundliche Ansatz von María López-Fanjul y Díez de Corall. Ihre Ausstellungsreihe „Der zweite Blick“ unterzieht die altehrwürdige Sammlung des Bode-Museums einer aktuellen Fragestellung. Nach „Spielarten der Liebe“ stehen diesmal die Frauen im Fokus einer interdisziplinären Befragung, die unter dem Blickwinkel von Genderstudien und feministischer Kunstgeschichte neue Akzente setzt. Auch wenn es keine einzige bekannte Künstlerin in der Skulpturensammlung und dem Museum für byzantinische Kunst gibt, so finden sich dort zahlreiche Darstellungen von Frauen. An 62 Beispielen werden ihre Geschichten mithilfe von Raumtexten neu erzählt und kontextualisiert, die sonst oftmals hinter stereotypen Rollenbildern verborgen bleiben. Den Bogen zur Gegenwart schlägt eine Reihe von neun Videobeiträgen, in denen sich engagierte Berlinerinnen zu einem selbst gewählten Kunstwerk aus dem Bode-Museum in Beziehung setzen.

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