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cultură şi spiritualitate

Abgrenzung zum römisch-katholischen Mess- und Sakramentsverständnis

  1. Aus der theologischen Sicht Luthers verstand die römisch-katholische Kirche die Feier der Eucharistie, in diesem Kontext mit der Heiligen Messe gleichgesetzt, als Opfer, welches der Priester Gott darbringt (Opferpriestertum). Luther stellte neu den Gnadencharakter der Messe heraus, indem den Gläubigen im Abendmahl die durch Christi Tod erwirkte Gnade durch den Priester ausgeteilt wird (Gnadenpriestertum). Mittelalterliche Auffassungen sahen in der Messe ein Opfer, welches zusätzlich zum einmaligen Kreuzesopfer Christi vor Gott Gnade erwirken sollte für die Sünden der Menschen. Sehr oft fand sich die Meinung, Christus werde in der Messe durch den Priester immer wieder neu als Opfer dargebracht. Vor allem aus diesem Grund war für Luther die römische Messe „das größte und schrecklichste Greuel“ von allen „päpstlichen Abgöttereien“. Er betont vehement das Opfer am Kreuz als ausreichend („Es ist vollbracht.“) und sieht in der erneuten Opferung eine den Aussagen der Bibel widersprechende Tradition.
  2. Das Sakrament wurde nur in einer Gestalt (sub una) den Gläubigen gereicht. Stattdessen forderte Luther die stiftungsgemäße Austeilung des Kelches auch an die Laien.
  3. Luther wies die Wirkung des Sakraments ex opere operato „auch ohne innere Herzensgesinnung des Empfangenden“ zurück. Das Altarsakrament zielt auf den gläubigen Empfang von Christi Leib und Christi Blut. Fehle der Glaube an die Worte Christi "Das ist mein Leib – Das ist mein Blut" (im Sinne der Realpräsenz), so nehme sich der Kommunikant die Heiligen Gaben nicht zum Heil (Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit vgl. Luthers Kleiner bzw. Großer Katechismus), sondern zum Gericht. So fordere das Sakrament einerseits den Glauben zum segensreichen Empfang, wecke ihn aber auch gleichzeitig.
  4. Die Wandlung schon allein zu „sehen“ und ihr im Gottesdienst beizuwohnen, galt als segensvoll. Aus diesem Grund nahmen die mittelalterlichen Gläubigen zwar an der Messe teil, empfingen aber das Sakrament sehr selten. Oft ging man weniger als alle drei Jahre zur Kommunion. Luther dagegen betonte, dass es auf das Empfangen des Sakraments ankomme. Wer der Messe nur passiv beiwohne, habe keinen Nutzen vom Sakrament.
  5. Die Wortverkündigung spielte eine untergeordnete Rolle. Für Luther und die Reformatoren war die Predigt und das Zuhören der Gemeinde ein den Gottesdienst konstituierendes Element.
  6. Der Gebrauch der lateinischen Sprache in der Feier des Gottesdienstes machte zumindest Teile dessen der Mehrzahl der Gläubigen unverständlich.

Luthers Kritik an der römischen Transsubstantiationslehre betraf nicht die Realpräsenz (wirkliche Gegenwart) von Christi Leib und Blut in den Elementen von Brot und Wein. Darin war er durchaus mit den römischen Theologen einig. Mit Melanchthon entwickelte Luther eine Ansicht, die später polemisch von reformierter Seite Konsubstantiationslehre genannt wurde: Die Kommunikanten nehmen den wirklichen Leib und das wirkliche Blut Jesu Christi „in, mit und unter“ Brot und Wein entgegen. Brot und Leib Christi, sowie Wein und Blut Christi seien in „sakramentaler Einheit“ (Luther, Vom Abendmahl Christi) durch die Einsetzungsworte miteinander verbunden. Brot und Wein verschwänden ihrer Substanz nach nicht. Damit wird ein zentrales Problem der Transsubstantiationslehre beseitigt, nämlich die nach lutherischer, aber auch schon innerscholastischer Kritik der Schöpfungslehre widersprechende Auffassung, dass die Substanzen von Brot und Wein vergehen, um Leib und Blut Christi als den neuen Substanzen in den Akzidenzien von Brot und Wein Raum zu machen.

Luthers Kritik betraf auch den Rang als Dogma, den die Transsubstantiationslehre in der römischen Kirche seit dem VI. Laterankonzil (1214/1215) hat. Die Transsubstantiationslehre hält er für unbiblisch, da sie aus der aristotelisch-platonischen Philosophie abgeleitet und erklärt wird. Polemisch spricht Luther von „Sophisterei“. Seiner Ansicht nach ist das Sakrament eine besondere Gestalt des Wortes Gottes, nämlich, wie er in Anlehnung an Augustinus formuliert, sichtbares Wort (verbum visibile).

Der innerevangelische Abendmahlsstreit

Luthers Abendmahl

Die Frage der rechten Form und Bedeutung des Abendmahls und des darin enthaltenen Heils für den Gläubigen teilte die Reformation im Abendmahlsstreit in Lager. Luther hatte in der Zeit seiner Auseinandersetzung mit Karlstadt 1524 seine Auffassung von der wirklichen Gegenwart (Realpräsenz) des Leibes und Blutes Christi beibehalten und ausgebaut, die er schon ansatzweise 1520 in Auseinandersetzung mit der anders gelagerten römischen Option und in der Korrespondenz mit den Böhmischen Brüdern 1523 schriftlich zum Ausdruck gebracht hatte. Luthers Rede von der leiblichen Anwesenheit Christi im Abendmahl gründet sich auf die Einsetzungsworte mit der Stelle „Hoc est corpus meum“ (Mt 26,26 LUT; 1 Kor 11,24 LUT) und stellt das „est“ in eine „den Heilsglauben mit einbeziehende Position“, d.h. wer es leugnet, entferne sich vom rechtfertigenden Glauben selbst.

Karlstadt äußerte Bedenken gegenüber Luther und vertrat eine signitative Interpretation (Brot und Wein bedeuten Leib und Blut Christi) mit mystischem Anklang. Unabhängig davon entwickelte in der Schweiz der Zürcher Ulrich Zwingli ab 1523 eine rein signitative Auffassung der Anwesenheit des Leibes Christi im Abendmahl und wertete das Empfangen als „geistliches“ Essen. Für den Gläubigen sei das Abendmahl Erinnerungsmahl an den einmaligen Opfertod Christi am Kreuz und allein deshalb geistlich wirksam.

Luther lehnte diese spiritualistische Haltung jedoch als „Schwärmerei“ konsequent ab. Seit 1525 schwoll die Auseinandersetzung zwischen Wittenberg und Zürich an. Indem sich Theologen oberdeutscher Städte wie Augsburg, Straßburg, Nürnberg und Memmingen positionierten, entbrannte der seit 1526 nun auf breiter literarischer Ebene geführte Abendmahlstreit. Seit 1527 führte Luther einen direkten Schlagabtausch bezüglich der exegetischen Argumente mit Zwingli. Der Streit gipfelte im Marburger Religionsgespräch vom 1. bis 4. Oktober 1529, bei dem sich Luther und Zwingli persönlich begegneten. 15 Artikel wurden als (eine Art) Konkordie niedergeschrieben, wobei der letzte Artikel über das Abendmahl als einziger umstritten blieb.

Einig waren sich Luther und Zwingli in folgenden Punkten: Beide lehnten die altgläubige Lehre von der substantiellen Wandlung des Brotes und des Weins in Fleisch und Blut Christi (Transsubstantiationslehre) ab, ebenso den Gedanken von der Wiederholung des Opfers Christi. Die Messe könne nicht Opferhandlung sein, da Christus nur einmal für alle gestorben sei.

Zwingli betonte den symbolischen Sinn der Einsetzungsworte: „est“ meine „significat“. Für Zwingli war der Vollzug des Abendmahls eine Erinnerung an und ein Bekenntnis zu dem Kreuzestod Jesu. Er betonte also den Gedächtnismahlcharakter. Dabei verwies Zwingli immer wieder auf Johannes 6,63: „Der Geist ist’s, der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.“ Für Zwingli ergab sich aus dieser Aussage eine Dualität zwischen Geist und Fleisch. Der geistige Gottesbegriff, so argumentierte Zwingli weiter, gestatte es nicht, von einer leibhaften Gegenwart Christi im Abendmahl zu sprechen. Da Christus mit Leib und Geist in den Himmel gekommen sei, könne seither nur noch von einer geistigen Gegenwart Gottes auf Erden die Rede sein. Leiblich sei Jesus nur von der Geburt bis zur Himmelfahrt auf Erden gewesen; gelitten am Kreuz habe er als Mensch. Seit der Himmelfahrt befinde sich Jesu erhöhte menschliche, d.h. leibliche Natur „zur Rechten Gottes.“ Den Satz „Christus sitzt zur Rechten Gottes“ versteht Zwingli demnach örtlich. Da Christus „zur Rechten Gottes sitzt“, ist seiner Meinung nach die Realpräsenz der menschlichen Natur Christi beim Abendmahl ausgeschlossen.

Luther dagegen bestritt, dass Johannes 6,63 überhaupt etwas mit dem Abendmahl zu tun habe, und verwies auf die vorhergehenden Aussagen des johanneischen Christus: „Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,53 ff.).

Die „Rechte Gottes“ verstand Luther unräumlich. Christus habe Anteil an der Stellung Gottes und sei, wie Gott selbst, allgegenwärtig. Menschheit und Gottheit Jesu dürfen nach Luther nicht getrennt werden. Der örtlichen Begrenzung des Leibes Christi setzte er die Ubiquitätslehre entgegen. Diese besagt, dass Christus auch als der Menschgewordene und zum Vater Heimgekehrte an der göttlichen Allgegenwart teilhabe und überall und jederzeit seine leibliche Gegenwart schenken könne.

Gottesdienstordnungen

Luther verfasste 1523 eine erste lateinische Messordnung, die Formula Missae et Communionis pro ecclesia Wittenbergensi, eine gereinigte Form der Messe. Erst 1526 erschien auf Drängen von Nikolaus Hausmann die Deutsche Messe und Ordnung Gottesdiensts. Das in dieser Schrift enthaltene Gottesdienstformular war vor allem als Sonntagsgottesdienst für die Laien gedacht, die kein Latein verstanden. Am 29. Oktober 1525 hielt Luther in Wittenberg die erste Messe in deutscher Sprache. Daneben war aber auch die lateinische Messe, vor allem an Festtagen, weiterhin vorgesehen, damit die Jugend auch diese erlerne.

Daneben nennt Luther eine dritte Form für eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen, „die ienigen, so mit ernst Christen wollen seyn und das Euangelion mit hand und munde bekennen“.[28] Dabei hat Luther wohl eine Art „Kerngemeinde“ vor Augen, die sich in privaten Häusern trifft und Gottesdienst hält und wo die Mitglieder sich gegenseitig ermahnen, wenn sie untereinander Sünden begehen, ganz nach dem Befehl Christi. Luthers Vorhaben mit dieser dritten Weise des Gottesdienstes ging in die Richtung einer Integration derjenigen, die ernsthaft nach neutestamentlichen Vorgaben leben mochten. Auch sie sollten neben den anderen einen Platz in der Gemeinde haben, indem ihre Bedürfnisse befriedigt wurden.

Luther war wichtig, dass seine Messordnungen nicht als allgemein verbindlich angesehen werden sollten. Vielmehr sah er sie als Beispiele eines evangeliumsgemäßen Gottesdienstes.

Luther und die Hexenverfolgungen

Zur Zeit Luthers wurde allgemein die Existenz von Hexen angenommen; auch er selbst glaubte daran. In seiner Erklärung der Zehn Gebote von 1518 forderte er die Exkommunikation von als Hexen verdächtigten Frauen. In einer Predigtreihe über das Buch Exodus predigte er zwischen März und Mai 1526 auch über Ex 22,17 LUT:

„Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an, was bisweilen ignoriert wird, sie können nämlich Milch, Butter und alles aus einem Haus stehlen […] Sie können ein Kind verzaubern… Auch können sie geheimnisvolle Krankheiten im menschlichen Knie erzeugen, dass der Körper verzehrt wird […] Schaden fügen sie nämlich an Körpern und Seelen zu, sie verabreichen Tränke und Beschwörungen, um Hass hervorzurufen, Liebe, Unwetter, alle Verwüstungen im Haus, auf dem Acker, über eine Entfernung von einer Meile und mehr machen sie mit ihren Zauberpfeilen Hinkende, dass niemand heilen kann […] Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder… Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“

Damit forderte Luther nun wie seine Zeitgenossen die Todesstrafe für vermeintliche Schadenszauberei. Obwohl er sich nicht selbst als Hexenjäger betätigte, fanden 1540 die ersten Hexenverbrennungen in Wittenberg statt.

Zu den übrigen Bestandteilen der mittelalterlichen HexenlehreTeufelspakt, Teufelsbuhlschaft und gemeinschaftlicher Teufelstanz – äußerte sich Luther eher kritisch. Darum beriefen sich später sowohl Befürworter der Hexenverfolgung als auch Gegner wie Johann Georg Gödelmann (1591) auf ihn.

Luther und die Juden

Luthers Ablehnung des Judentums entstand erst allmählich. In seiner Schrift Daß Jesus ein Geborner Jude Sei (1523) betonte er, dass Jesus aus Gottes Volk stammte, schloss Gewalt gegen Juden aus und sah ihre gesellschaftliche Isolierung als Hindernis, sie „zu bessern“, das heißt, zum „wahren Glauben“ zu bekehren. Er nahm an, Juden nach erfolgter Reformation der Kirche eher zu Christen bekehren zu können.

Nachdem er darin enttäuscht worden war und Missionserfolge von Juden an Protestanten erlebt hatte, wandelte er sich zu einem Judenfeind. In seinen Spätschriften Brief wider die Sabbather an einen guten Freund (1538), Von den Jüden und iren Lügen (1543) und Vom Schem Hamphoras und vom Geschlechte Christi (1544) erklärte er die Juden zum ärgsten Feind des Christentums und bezog sich dazu auch – ob zu Recht oder nicht, ist umstritten – auf antijüdische Aussagen des Neuen Testaments. 1543 schrieb er:[29][30]

„Ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist’s um diese Juden, so diese 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen. Wenn ich könnte, wo würde ich ihn [den Juden] niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren. Jawohl, sie halten uns [Christen] in unserem eigenen Land gefangen, sie lassen uns arbeiten in Nasenschweiß, Geld und Gut gewinnen, sitzen sie dieweil hinter dem Ofen, faulenzen, pompen und braten Birnen, fressen, sauffen, leben sanft und wohl von unserm erarbeiteten Gut, haben uns und unsere Güter gefangen durch ihren verfluchten Wucher, spotten dazu und speien uns an, das wir arbeiten und sie faule Juncker lassen sein … sind also unsere Herren, wir ihre Knechte.“

Wittenberg, 1543

Darauf folgte ein Sieben-Punkte-Plan zum Umgang mit den Juden:[31]

„Erstlich, das man jre Synagoga oder Schule mit feur anstecke und, was nicht verbrennen will, mit erden überheufe und beschütte, das kein Mensch ein stein oder schlacke davon sehe ewiglich Und solches sol man thun, unserm Herrn und der Christenheit zu ehren damit Gott sehe, das wir Christen seien. – Zum anderen, das man auch jre Heuser des gleichen zerbreche und zerstöre, Denn sie treiben eben dasselbige drinnen, das sie in jren Schülen treiben Dafur mag man sie etwa unter ein Dach oder Stall thun, wie die Zigeuner, auff das sie wissen, sie seien nicht Herren in unserem Lande. – Zum dritten, das man jnen nehme all jre Betbüchlein und Thalmudisten, darin solche Abgötterey, lügen, fluch und lesterung geleret wird. – Zum vierten, das man jren Rabinen bey leib und leben verbiete, hinfurt zu leren. – Zum fünften, das man die Jüden das Geleid und Straße gantz und gar auffhebe. – Zum sechsten, das man jnen den Wucher verbiete und neme jnen alle barschafft und kleinot an Silber und Gold, und lege es beiseit zu verwaren. – Zum siebenden, das man den jungen, starcken Jüden und Jüdin in die Hand gebe flegel, axt, karst, spaten, rocken, spindel und lasse sie jr brot verdienen im schweis der nasen.“

Das wirkt heute wie ein Aufruf zu einigen Maßnahmen der späteren Nationalsozialisten gegen Juden. Historiker weisen demgegenüber darauf hin, dass Luthers Schrift an evangelische Fürsten, nicht an die Bevölkerung gerichtet war. Er betonte darin, er wolle nicht die Juden, nur ihre „Lügen“ (den jüdischen Glauben) angreifen und erreichen, dass dieser auf keinen Fall weiter verbreitet werden konnte. Dazu verlangte er von den Fürsten strenge Unterdrückung und letztlich Vertreibung aller Juden aus ihren Gebieten. Dem folgten diese anders als im Bauernkrieg 1525 jedoch nicht.

Ob diese Judenfeindschaft in Luthers Theologie angelegt war oder nur dem Zeitgeist folgte, ist umstritten. Luthers judenfeindliche Klischees unterschieden sich nicht von katholischer Tradition, denn er übernahm sie aus dieser Tradition; sie erhielten jedoch größeres theologisches Gewicht, wo sie mit seiner Lehre von Gesetz und Evangelium verknüpft wurden. Damit wies er dem Judentum die Rolle des verworfenen, nur unter Gottes Zorngericht stehenden Volkes zu.

Antisemiten im Kaiserreich wie Adolf Stöcker, später NS-Ideologen wie Alfred Rosenberg und Julius Streicher und Deutsche Christen wie Martin Sasse beriefen sich oft auf solche Aussagen Luthers und rechtfertigten ihren Antisemitismus damit. Sie konnten den von Heinrich von Treitschke 1879 geprägten Satz „Die Juden sind unser Unglück“ daraus herleiten: „so diese 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind.“ Viele evangelische Deutsche sahen die nationalsozialistische Rassenpolitik 1933–1945 als Vollstreckung eines angeblich von Luther gewollten nationalen Christentums.

Luther und die Täufer

In seinen Frühschriften warb Luther noch um Toleranz für deviante religiöse Positionen. So schrieb Luther 1524, dass Ketzern mit der Schrift und nicht mit dem Feuer begegnet werden sollte.[32] In seiner Ende 1527 verfassten Schrift Von der Wiedertaufe an zween Pfarrherrn wies Luther die Forderung der reformatorischen Täuferbewegung nach einer Bekenntnistaufe zwar zurück, kritisierte jedoch auch die bereits begonnenen Verfolgungen der noch jungen Bewegung. So schreibt er, es sei ihm „nicht recht und wahrlich leid, dass man solche elenden Leute so jämmerlich ermorde, verbrenne und greulich umbringe […] Man soll einen jeglichen lassen glauben, was er will. Glaubt er unrecht, so hat er genug Strafen an dem ewigen Feuer“.[33] Allein die täuferischen Anführer sollten außer Landes gewiesen werden.

Ab 1530 jedoch wollte auch Luther die Todesstrafe für die Täufer nicht mehr ausschließen.[34] Dieser Umschwung ist eventuell auf den Einfluss Melanchthons und auf das ein Jahr zuvor vom Reichstag erlassene Wiedertäufermandat zurückzuführen. Im Jahr 1531 unterschrieb Luther zusammen mit Melanchthon schließlich ein Gutachten, das sich ausdrücklich für die Todesstrafe für Täufer aussprach. Luther sah die Täufer nun vor allem unter den Aspekten des Aufruhrs und der Blasphemie. Sie sollten nicht aufgrund ihres abweichenden Glaubens, sondern vor allem aufgrund des durch sie geschürten Aufruhrs durch staatliche Stellen verfolgt werden.[35] Für ihn waren die Täufer von einem „mörderischen, aufrührerischen, rachgierigen Geist, dem der Odem nach dem Schwert stinkt“.[36] Die infolge der zunehmenden Verfolgung geheim abgehaltenen Zusammenkünfte der Täufer waren für Luther „ein gewiss Zeichen des Teufels“.[37] Luther sprach selbst stets mit anti-täuferischer Tendenz von Wiedertäufern.[38]

Luther und die Musik

Luther, der ein geübter Sänger und Lautenspieler war, konnte im polyphonen Stil seiner Zeit schreiben. Er war mit den Werken wichtiger zeitgenössischer Komponisten wie Ludwig Senfl, Pierre de la Rue, Heinrich Finck und Josquin Desprez vertraut und maß der Musik gleich nach der Theologie einen hohen Stellenwert zu. Sie habe einen außerordentlichen moralischen wie seelischen Einfluss auf den Menschen.[39]

„Denn wir wissen, daß die Musik auch den Teufeln zuwider und unerträglich sei. Und ich sage es gleich heraus und schäme mich nicht, zu behaupten, daß nach der Theologie keine Kunst sei, die mit der Musik könne verglichen werden, weil allein dieselbe nach der Theologie solches vermag, was nur die Theologie sonst verschafft, nämlich die Ruhe und ein fröhliches Gemüte.“

Luther an Ludwig Senfl[40]

Nun freut euch, lieben Christen gmein im Achtliederbuch

Indem Luther der praktischen Musikausübung (musica practica) eine stärkere Bedeutung gegenüber der Musiktheorie bzw. Musikphilosophie (musica speculativa) zugestand, vertrat er eine deutlich vom mittelalterlichen Verständnis abgehobene Sichtweise der Musik und der gesellschaftlichen Position des Musikers.[41]

Der Theologe Friedrich Schorlemmer interpretiert Luthers Sicht der Wirkung der Musik als Mittel gegen „Zorn, Zank, Haß, Neid, Geiz, Sorge, Traurigkeit und Mord“[42] wie sie dieser in einer Vorrede auf Gesangbücher 1583 in Gedichtform fasste als aus moderner Sicht therapeutische, kathartische, sublimierende und friedensstiftende Funktion von Musik.[43]

Luther sieht die Musik als unabdingbaren Bestandteil der schulischen und universitären Ausbildung. Jeder Schulmeister müsse deshalb singen können und auch der angehende Pfarrer solle theoretische und praktische Fertigkeiten in der Musik mitbringen.[44] Luther betont den pädagogischen Wert der Musik und fordert von den Herrschenden Schutz und Förderung der Musik. In seinen Tischreden meint er:

„Könige, Fürsten und Herren müssen die Musica erhalten. Denn grossen Potentaten und Regenten gebühret, über guten freyen Künsten und Gesetzen zu halten. […] Man muß Musicam von Noth wegen in Schulen behalten. […] Die Jugend soll man stets zu dieser Kunst gewöhnen, denn sie machet fein geschickte Leute.“

Luther: Tischreden[45]

Vom Himmel hoch, da komm ich her – eine der bekanntesten Liedschöpfungen Luthers im Druck von 1567

Luther wendet sich gegen radikale Bestrebungen[46] in der reformatorischen Bewegung zugunsten eines rein innerlich-geistigen Glaubensverständnisses auf alles Äußerliche und damit die Kunst und besonders auch die Musik zu verzichten.[47]

„Auch daß ich nicht der Meinung bin, daß durchs Evangelion sollten alle Künste zu Boden geschlagen werden und vergehen, wie etliche Abergeistliche fürgeben, sondern ich wollt alle Künste, sonderlich die Musica, gerne sehen im Dienst des, der sie geben und geschaffen hat.“

Luther: Vorrede zum Wittenberger Gesangbuch von 1524[48]

In Bezug auf die Musik in der Kirche war sein Ziel eine aktivere Beteiligung der Gemeinde am Gottesdienst. So plädierte er dafür an bestimmten Stellen des Gottesdienstes deutsche Lieder einzufügen. Seine Vorstellungen zum Einsatz der Musik werden am deutlichsten in seiner Schrift Deutsche Messe und Ordnung Gottesdiensts von 1526 klar. Anstelle der einzelnen Messteile können danach deutschsprachige Gemeindelieder, sogenannte Ordinariumslieder, lateinische Teile ersetzen oder ergänzen.[49] Dabei genügte es ihm nicht, den lateinischen Text einfach nur ins Deutsche zu übertragen. Die Musik musste den Erfordernissen der deutschen Sprache angepasst werden.[50]

„Ich wollte heute gerne eine deutsche Messe haben, ich gehe auch damit um; aber ich wollt ja gerne, daß sie eine rechte deutsche Art hätte. Denn daß man den lateinischen Text verdolmetscht, und lateinischen Ton oder Noten behält, lasse ich geschehen; aber es lautet nicht artig noch rechtschaffen. Es muß beide, Text und Noten, Accent, Weise und Geberbe aus rechter Muttersprache und Stimme kommen; sonst ist Alles ein Nachahmen wie die Affen thun.“

Zitat Luthers – 6739, XX. 265[51]

Von Luther sind 36 Lieder überliefert.[52] Konrad Ameln und Markus Jenny gehen ihrer Publikation in Das deutsche Kirchenlied von insgesamt 45 Liedern und Gesängen aus, bei denen Luthers Autorschaft wahrscheinlich ist. Bei mindestens 20 dieser Lieder sind die Melodien sicher von ihm selbst. Bei der Arbeit an den Liedern wurde Luther teilweise von dem kurfürstlichen Sangmeister Konrad Rupff und dem Kantor Johann Walter unterstützt.[53]Dabei macht Luther von mannigfaltigen Formen der Übersetzung, Erweiterung und Kontrafaktur Gebrauch. Daneben stehen freie Neuschöpfungen von ihm.[54] Er übersetzte traditionelle lateinische Texte liturgischer Gesänge, etwa gregorianischer Hymnen, in das Deutsche und veränderte bei Bedarf die Melodie, um sie dem Duktus der deutschen Sprache und ihren Hebungen und Senkungen anzupassen. Seine eigenen dichterischen Fähigkeiten sah er dabei mit Äußerungen wie „garstige und schnöde Poeterey“ durchaus kritisch.[55] Daneben verwandte er Melodien von Volks- oder Weihnachtsliedern sowie Studenten- oder Kirchenliedern und wandelte sie teilweise geringfügig ab.[56] Damit war auch ein didaktischer Ansatz verbunden:[57]

„Gassenhauer, Reiter- und Bergliedlein christlich, moraliter und sittlich verändert, damit die bösen ärgerlichen Weisen, unnützen und schandbaren Liedlein auf der Gassen, Feldern, Häusern und anderswo zu singen, mit der Zeit abgehen möchten, wenn man christliche, gute, nützliche Texte und Worte darunter haben könnte.“

Luthers Liedschaffen lässt sich nach verschiedenen Gattungen gliedern.[58] Diese Kategorisierung ist allerdings nicht ausschließlich. Daneben existieren unscharf definierte Klassifizierungen wie „Zeitungslied“ (Rößler), „Bekenntnislied“ (Veit), „Reformationslied“ und andere.

Die Lutherchoräle erschienen erstmals 1523/24 im Achtliederbuch und dann 1524 in Wittenberg in einem evangelischen Gesangbuch. Sie wurden zu einer Säule des reformatorischen Gottesdienstes und prägten zudem die Geschichte des geistlichen Liedes auf dem europäischen Kontinent nachhaltig. Eine Zusammenstellung der von Luther in Text oder Melodie beeinflussten Lieder ist unter Liste der Kirchenlieder Luthers zu finden.

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