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cultură şi spiritualitate

Philosoph Han Byung-Chul entfaltet einen fernöstlichen Sehnsuchtsraum

Den Wurzeln der ostasiatischen Philosophie geht Han Byung-Chul in seinem Buch „Abwesen“ nach. Er kennt sowohl die fernöstliche als auch die europäische Kultur sehr gut: Aufgewachsen ist er in Südkorea, doch lebt er seit rund 20 Jahren in Deutschland und in der Schweiz.

Von Katharina Borchardt

Die chinesische Mauer in der Nähe von Peking. (AP Archiv)
Die chinesische Mauer in der Nähe von Peking. (AP Archiv)

In seinem neuen Buch sucht der Philosoph Han Byung-Chul das Paradies. Es soll ein Ort sein, in dem der drängende Individualismus mal zur Ruhe kommt und das ewige „Ich-Ich-Ich“-Sagen pausiert. In den letzten Jahren hat Han emphatische Bücher über so gegensätzliche Themen wie fernöstlichen Zen-Buddhismus und westliche Unterhaltungskultur geschrieben. Nun scheint sich der Philosoph, der an der Universität Basel lehrt, entschieden zu haben: Das Heil liegt doch eher im Osten. Deswegen nennt er das ersehnte Elysium auch einstweilen „China“:

„Womöglich gelangt man aber unerwartet in ein fremdes, unerhörtes Land, das ‚China‘ hieße, das auch auf seine Weise paradiesisch oder utopisch wäre, in ein Land der Abwesenheit und des Vergessens, wo man unterwegs vergisst zu gehen und daheim vergisst zu sitzen, wo der Sänger zu singen und der Tänzer zu tanzen vergisst.“

Eine dankbare Projektionsfläche, das alte China. Eine Fläche, die Han mit Zitaten der Philosophen Laozi und Zhuangzi füllt, mit Haikus und kleinen Anekdoten über wandernde Mönche. 16 Zeichnungen und Photographien von Tempeln, Zen-Gärten und chinesischen Landschaften illustrieren in seinem Buch diese Welt.

Ein gesamtfernöstlicher Sehnsuchtsraum, in dem endlich einmal das Gute dominiert. Kein Gedanke dabei an chinesische Minenarbeiter, die heute von egoistischen Parteikadern und Geschäftsmännern ausgebeutet werden, kein Wort über neureiche und in Gucci gewickelte Ehegattinnen, keins über verseuchte Flüsse und Smog. Dass sich im heutigen China niemand selbst vergessen will und jeder rücksichtslos am eigenen Erfolg arbeitet, übersieht Han. Das heutige China ist nicht sein Thema.

Ihm geht es um eine Utopie im wörtlichen Sinne: also um einen Ort, der nirgends ist. Der wichtigste Charakterzug der Bewohner dieses Ortes ist das „Abwesen“ – ein Neologismus, den Han selbst erfunden und zum Titel seines neuen philosophischen Essays gemacht hat:

„Mit dem Abwesen habe ich gemeint, etwas, was sich zurücknimmt, zurückweicht, abtritt. Und nach dem Abtreten und nach dem Zurückweichen entsteht nicht ein Vakuum, sondern mehr Raum, mehr Zeit, mehr Welt, weil diese Präsenz des Ich den Raum verdrängt hat und mit sich besetzt hat. Und wenn dieses Ich, wenn diese Substanz, zurückweicht in eine Abwesenheit, dann entsteht eine Weite, eine Weite der Welt, eine Weite des Raumes. Ich wollte diese Weite aufzeichnen.“

Das Abwesen ist das Gegenteil des Wesens, einer Entität, der die gesamte westliche Philosophie anhängt. Descartes, Leibniz und Fichte sind da nur die bekanntesten Denker, die das Ich ausdrücklich zur Grundlage ihres gesamten philosophischen Systems machten. Im Buddhismus und im Daoismus aber ist es genau umgekehrt: Dort ist der Mensch in seinem Innersten letztendlich völlig leer. Da gibt es keine Seele und kein Wesen – sondern allenfalls ein Abwesen.

Deutliche Spuren dieses Abwesens findet Han Byung-Chul zum Beispiel im japanischen Nô-Theater, in dem die Puppen keine individuellen Seelen besitzen, und in fernöstlichen Sprachstrukturen. Denn im Chinesischen, Koreanischen oder Japanischen ist es unüblich, Sätze ständig mit „Ich“ zu beginnen und damit die Aufmerksamkeit so deutlich auf sich selbst zu richten. Und auch nicht auf den Anderen, wie Han immer wieder feststellt, wenn er in Korea ist:

„Die haben nicht den durchdringenden, aufdringlichen Blick, mit dem ich konfrontiert bin, wenn ich hier in Deutschland über die Straße gehe. Bei uns schaut man nicht einander ins Auge. Und es gibt wenig Kontaktflächen, die entstehen zwischen zwei Seelen oder zwischen zwei Individuen.“

Und demgemäß sind auch Zen-buddhistische Steingärten oder ostasiatische Tempel konstruiert, denen eine Mitte fehlt und deren Offenheit zu allen Seiten nicht zwischen innen und außen trennt. Die Architektur dieser Tempel unterscheidet sich Hans Ansicht nach zutiefst von der Geschlossenheit westlicher Kirchen, deren gewölbeartiger Baustil eine Kultur der Innerlichkeit sowohl spiegelt als auch fördert.

Hans Herangehensweise ist wissenschaftlich fundiert, und es gelingt ihm gleichzeitig, eine sprachliche Leichtigkeit und eine ganz transparent wirkende Dichte in seinen Text zu bringen, die diesen von anderer Literatur, die im universitären Umfeld entsteht, stark unterscheidet. Selten gibt es philosophische Essays, die einen so klaren, fast meditativen Klang besitzen wie Han Byung-Chuls „Abwesen“ und die zu lesen so viel Freude machen. Gelegentlich aber schleicht sich ein unangenehmer Unterton ein, der die Überlegenheit der östlichen Kultur gegenüber der westlichen unterstreicht:

„Die fernöstliche Räumlichkeit erhebt sich dagegen über die Dichotomie von offen und geschlossen, von Innen und Außen, von Licht und Schatten und erzeugt eine In-Differenz, ein Zwischen",“

was westliche Architektur nach Han nicht vermag. Das klingt stellenweise wie eine späte Emanzipation vom Primat der westlichen Kultur, der auch Hans koreanische Heimat seit dem 19. Jahrhundert in vielen Bereichen – zum Beispiel der klassischen Musik anhängt. Han aber weist diesen Leseeindruck zurück:

„"Ich habe nicht gesagt, dass die fernöstliche Kultur der westlichen überlegen ist. Das ist nicht meine Intention. Das wäre sehr naiv, so was zu behaupten. Sondern ich wollte nur eine Andersartigkeit formulieren, die unabhängig von jeder Wertung ist. Ich beschreibe ein Land des Abwesens, ein fremdes Land. Wenn man dieses Land mit dem Abendland vergleicht, ist es ein sehr fremdes Land.“

Und es ist ein Land, in dem Freundlichkeit und Mühelosigkeit herrschen, meint Han. Dem chinesischen Denken wohne nämlich – Zitat – „ein tiefes Weltvertrauen“ inne. Dabei lässt er aber zum Beispiel den bis heute lebendigen Geisterglauben des Daoismus ganz einfach außen vor, ein Glaube an Geister, die Böses tun können und die man mit Opferspenden und schamanischen Ritualen im Zaum zu halten versucht. Hans Buch ist klar durchdacht und transparent geschrieben, aber es birgt die Gefahr der Verkitschung des utopischen Ortes, den er China nennt.


Han Byung-Chul: Abwesen
Merve-Verlag
160 Seiten, 16 Abbildungen, 13 Euro

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