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cultură şi spiritualitate

Wandel des Goethebildes

Nach des Dichters Tod bis zur Reichsgründung sprach die akademische Goethephilologie von „einer Epoche der Goetheferne und der Goethefeindschaft“ und bezeichnete dessen 100. Geburtstag als den „tiefsten Stand seines Ansehens in der Nation“. Tatsächlich erschien in der Zeitspanne zwischen 1832 und 1871 „keine einzige Goethebiographie von bleibendem Wert“.[306] Aber, wie Mandelkow zu berichten weiß, bildete dieser Abschnitt der Wirkungsgeschichte Goethes ein „Spannungsfeld zwischen Negation und Apotheose“. Die Weimarer Kunstfreunde und Mitarbeiter Goethes – die drei testamentarischen Verwalter von Goethes Nachlass (Eckermann, Riemer, Kanzler Friedrich Müller) und andere aus dem engeren Umkreis – gründeten gleich nach Goethes Tod den ersten „Goethe-Verein“ und legten mit ihren Nachlass-Editionen und -Dokumentationen „das erste Fundament einer Goethephilologie“.[307] Gegen deren Goetheverehrung standen Heinrich Heines und Ludwig Börnes kritische Aneignung Goethes. Beide kritisierten zwar seine auf Ruhe und Ordnung bedachte „Kunstbehaglichkeit“ in einer Zeit politischer Restauration, aber in fundamentalem Gegensatz zu dem erbitterten „Goethehasser“ Börne schätzte Heine Goethes Dichtung als das Höchste. Für dasJunge Deutschland stand Goethe im Schatten Schillers, dessen revolutionäre Tendenzen besser in die Zeit des Vormärz passten als die politisch konservative Haltung Goethes.[308]

Auch eine christliche Opposition, sowohl von katholischer als auch von protestantischer Seite, bildete sich gegen Goethes Leben und Werk, wobei insbesondere dieWahlverwandtschaften und der Faust ins Fadenkreuz der Kritik gerieten. Mit „unverhohlener Schärfe“ richteten sich verschiedene Kampfschriften kirchlicher Parteigänger gegen den im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sich abzeichnenden Klassiker- und Goethekult. Der Jesuit Alexander Baumgartner schrieb eine umfangreiche Goethedarstellung, in der er allerdings Goethe als einen „glänzend begabten“ Dichter charakterisierte, aber dessen „unsittliche“ Lebensführung, „unbekümmerte Lebenslust und Genußsucht“ geißelte: „Mitten in einer christlichen Gesellschaft hat er sich offen zum Heidentum bekannt und ebenso offen nach dessen Grundsätzen sein Leben eingerichtet.“[309]

Johann Wolfgang von Goethe,Teilansicht des Goethe-Schiller-Denkmals in Weimar, errichtet 1856/57 von Ernst Rietschel[310]

Nachdem Goethe schon seit den 1860er Jahren zum Lektürekanon an deutschen Schulen gehörte,.[311] wurde er nach derReichsgründung 1871 allmählich zum Genius des neuen Reiches erklärt. Beispielhaft dafür standen die Goethe-Vorlesungen Herman Grimms von 1874/75. Ihm zufolge habe Goethe „auf die geistige Atmosphäre Deutschlands gewirkt […] wie ein tellurisches Ereigniß, das unsere klimatische Wärme um so und soviele Grade im Durchschnitte erhöhte“. – „Goethe’s Prosa ist nach und nach für alle Fächer des geistigen Lebens zur mustergültigen Ausdrucksweise geworden. Durch Schelling ist sie in die Philosophie, durch Savigny in die Jurisprudenz, durch Alexander von Humboldt in die Naturwissenschaften, durch Wilhelm von Humboldt in die philologische Gelehrsamkeit eingedrungen.“[312]

Eine Flut von Goethe-Ausgaben und Goethe-Sekundärliteratur erschien. Seit 1885 widmet sich die Goethe-Gesellschaft der Erforschung und Verbreitung des Goetheschen Werkes; zu ihren Mitgliedern gehörten die Spitzen der Gesellschaft im In- und Ausland, darunter das deutsche Kaiserpaar.

Charakteristisch für den Goethekult des Kaiserreiches war die Verlagerung des Interesses von Goethes Werk auf „das Kunstwerk seines wohlgeführten, bewegten und reichen, und doch durchaus in harmonischer Einheit zusammengehaltenen Lebens“,[313] hinter dem im Allgemeinbewusstsein die dichterische Produktion zu verschwinden drohte. So schrieb der Schriftsteller Wilhelm Raabe 1880: „Goethe ist der deutschen Nation gar nicht der Dichterei usw. wegen gegeben, sondern daß sie aus seinem Leben einen ganzen vollen Menschen vom Anfang bis zum Ende kennenlernen.“[314] Aus dem Studium von Goethes als beispielhaft empfundenem Leben erhoffte man sich Rat und Nutzen für die eigene Lebensführung. Es gab jedoch auch Stimmen, die die Inhaltsleere des Goethekults in Teilen der Bevölkerung herausstellten. Gottfried Keller bemerkte 1884: „Jedes Gespräch wird durch den geweihten Namen beherrscht, jede neue Publikation über Goethe beklatscht – er selbst aber nicht mehr gelesen, weshalb man auch die Werke nicht mehr kennt, die Kenntnis nicht mehr fortbildet.“[315] Und Friedrich Nietzsche schrieb 1878: „Goethe ist in der Geschichte der Deutschen ein Zwischenfall ohne Folgen: wer wäre im Stande, in der deutschen Politik der letzten siebenzig Jahre zum Beispiel ein Stück Goethe aufzuzeigen!“[316]

In der Weimarer Republik wurde Goethe als geistige Grundlage des neuen Staates beschworen. 1919 verkündete der spätere Reichspräsident Friedrich Ebert, jetzt gelte es, die Wandlung zu vollziehen, „vom Imperialismus zum Idealismus, von der Weltmacht zur geistigen Größe. […] Wir müssen die großen Gesellschaftsprobleme in dem Geiste behandeln, in dem Goethe sie im zweiten Teil des Faust und in Wilhelm Meisters Wanderjahren erfaßt hat“.[317] Der „Geist von Weimar“ wurde als Kontrapunkt zum überwunden geglaubten „Geist von Potsdam“ gesetzt. Praktische Wirkung hatte dieses Bekenntnis jedoch nicht. Die politische Linke kritisierte den Geniekult um Goethe mit dem „Naturschutzpark“ Weimar (Egon Erwin Kisch). Bertolt Brecht erwiderte in einem Rundfunkgespräch: Die Klassiker sind im Krieg gestorben.[318] Es gab jedoch auch bedeutende Schriftsteller, wie Hermann HesseThomas Mann und Hugo von Hofmannsthal, die der linken Klassikerschelte ein positives Goethebild entgegensetzten. Hermann Hesse fragte 1932: „War er am Ende wirklich, wie die ihn nicht gelesen habenden, naiven Marxisten meinen, eben nur ein Heros des Bürgertums, der Mitschöpfer einer subalternen, kurzfristigen, heute längst schon wieder abgeblühten Ideologie?“[319]

Anders als mit Schiller, Kleist und Hölderlin, tat sich die nationalsozialistische Kulturpolitik schwer, Goethe für ihre Ziele zu vereinnahmen. Alfred Rosenberg hatte 1930 in seinem Buch Der Mythus des 20. Jahrhunderts erklärt, dass Goethe für die kommenden „Zeiten erbitterter Kämpfe“ nicht brauchbar sei, „weil ihm die Gewalt einer typenbildenden Idee verhaßt war und er sowohl im Leben wie im Dichten keine Diktatur eines Gedankens anerkennen wollte“.[320] Gleichwohl hat es nicht an Versuchen gefehlt, auch Goethe für die Ideologie des NS-Regimes in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel in Schriften wie Goethes Sendung im Dritten Reich (August Raabe, 1934) oder Goethe im Lichte des neuen Werdens (Wilhelm Fehse, 1935). Diese Schriften waren die vornehmlichen Quellen, auf die sich die Parteioffiziellen bezogen, so auch Baldur von Schirach in seiner Rede zur Eröffnung der Weimarer Festspiele der Jugend von 1937. Als vielbenutztes Zitatreservoir wurde die Faust-Dichtung missbraucht (besonders Mephistos Ausspruch: „Blut ist ein ganz besonderer Saft“) und Faust als eine „Leitfigur des neuen nationalsozialistischen Menschentypus“ hochstilisiert.[321]

In den beiden deutschen Staaten nach 1945 erfuhr Goethe eine Renaissance. Er erschien nun als Repräsentant eines besseren, humanistischen Deutschlands, der über die zurückliegenden Jahre der Barbarei hinwegzutragen schien. Jedoch stand die Goethe-Aneignung in Ost und West unter unterschiedlichen Vorzeichen. In der Deutschen Demokratischen Republik etablierte sich, inspiriert vor allem durch Georg Lukács, eine marxistisch-leninistische Interpretation. Der Dichter wurde nun zum Verbündeten der Französischen Revolution und Wegbereiter der Revolution von 1848/1849 erklärt, sein Faust zur „Produktivkraft für die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft“.[322] Dagegen knüpfte man in der Bundesrepublik Deutschland zunächst an das traditionelle Goethebild an, das heißt an eine zum Mythos erhobene Gestalt eines Dichters, „der aus der Barbarei der vergangenen zwölf Jahre der Naziherrschaft scheinbar unbeschädigt und unberührbar hervorgegangen war“.[323] Ab dem Ende der 1960er Jahre kam es jedoch zu einer Neubewertung von Aufklärung, Französischer Revolution und Weimarer Klassik. Mandelkow spricht von einer „Klassikschelte“ der Neue Linken, die Friedrich Hölderlin, den „gescheiterten Revolutionär“, als Kontrastfigur zu Goethe entwarf.[324]Gegen Ende der 1970er Jahre zeichnete sich eine Entpolitisierung der Goetherezeption ab durch objektivere Betrachtungsweisen und eine sozialgeschichtliche Analyseperspektive.[325] Mit seinem positiven Goethe- und Klassikbild stellte Peter Hacks innerhalb der DDR-Literatur während der 1970er Jahre eine Ausnahme dar.[326]

Einfluss auf Literatur und Musik

Goethes Einfluss auf die nachgeborenen deutschsprachigen Dichter und Schriftsteller ist allgegenwärtig,[327] so dass hier nur einige Autoren genannt werden können, die sich mit ihm und seinem Werk in besonderem Maße auseinandersetzten.

20 Mark-Banknote der DDR-Staatsbank (1975)

Die Dichter und Schriftsteller der Romantik knüpften an den Gefühlsüberschwang des Sturm und Drang an. Franz Grillparzerbezeichnete Goethe als sein Vorbild und teilte mit diesem neben bestimmten stilistischen Gepflogenheiten die Abneigung gegen politischen Radikalismus jeglicher Art. Friedrich Nietzsche verehrte Goethe sein Leben lang und fühlte sich besonders in seiner skeptischen Haltung zu Deutschland und zum Christentum als dessen Nachfolger. Hugo von Hofmannsthal befand: „Goethe kann als Grundlage der Bildung eine ganze Kultur ersetzen“ und „Von Goethes Sprüchen in Prosa geht heute vielleicht mehr Lehrkraft aus als von sämtlichen deutschen Universitäten“.[328] Er verfasste zahlreiche Aufsätze zu Goethes Werk. Thomas Mann empfand für Goethe tiefe Sympathie. Er fühlte sich ihm wesensverwandt nicht nur in seiner Rolle als Dichter, sondern auch in einer ganzen Reihe von Charakterzügen und Gewohnheiten. Thomas Mann verfasste zahlreiche Essays und Aufsätze zu Goethe und hielt die zentralen Reden zu den Goethe-Jubiläumsfeiern 1932 und 1949. In seinem Roman Lotte in Weimar lässt er den Dichter lebendig werden, mit dem Roman Doktor Faustus griff er den Fauststoff erneut auf. Hermann Hesse, der sich immer wieder mit Goethe auseinandersetzte und sich in einer Szene seines Steppenwolfs gegen eine Verfälschung des Goethebildes wandte, bekannte: „Unter allen deutschen Dichtern ist Goethe derjenige, dem ich am meisten verdanke, der mich am meisten beschäftigt, bedrängt, ermuntert, zu Nachfolge oder Widerspruch gezwungen hat.“[329] Ulrich Plenzdorf übertrug in seinem Roman Die neuen Leiden des jungen W. das Werther-Geschehen in die DDR der 1970er Jahre. Peter Hacks machte die Beziehung Goethes zur Hofdame Charlotte von Stein zum Thema seines Monodramas Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe. In dem Dramolett In Goethes Hand. Szenen aus dem 19. Jahrhundert machte Martin Walser Johann Peter Eckermann zur Hauptfigur und stellte ihn in seinem heiklen Verhältnis zu Goethe dar. Goethes letzte Liebe zu Ulrike von Levetzow in Marienbad diente Walser als Stoff für seinen Roman Ein liebender Mann. In Thomas Bernhards ErzählungGoethe schtirbt nennt sich die Figur Goethe einen „Lähmer der deutschen Literatur“, der darüber hinaus den Werdegang zahlreicher Dichter (Kleist, Hölderlin) ruiniert habe.[330]

Dem Theologen, Philosophen und Arzt Albert Schweitzer schließlich wurde Goethe „zum Vorbild eines Menschen, der Sorge um andere nicht auf sich beruhen, sondern durch Hilfeleistung fruchtbar werden ließ“.[331] Für Schweitzer war Goethe Mentor und Tröster in schwierigen Zeiten.

Zahlreiche Gedichte Goethes wurden – von Komponisten und Komponistinnen vor allem des 19. Jahrhunderts – vertont, wodurch der Dichter die Entwicklung desKunstliedes förderte, allerdings das sog. durchkomponierte Lied von Franz Schubert kategorisch ablehnte. Dennoch war Schubert mit rund 80 Goethe-Vertonungen der produktivste unter den musikalischen Goethe-Interpreten. Zu seinen Vertonungen zählen die populär gewordenen Heidenröslein, Gretchen am Spinnrade und der ErlkönigFelix Mendelssohn Bartholdy, mit Goethe persönlich bekannt, vertonte die Ballade Die erste Walpurgisnacht. 1822 lernte auch Fanny Hensel Goethe kennen, nachdem sie sich beklagt hatte, dass es zu wenig gut vertonbare Gedichte gebe. Daraufhin widmete Goethe, der eine hohe Meinung von ihr als Pianistin und Komponistin hatte, ihr sein Gedicht Wenn ich mir in stiller Seele. Sie setzte das Gedicht dann auch in Töne.[332] Neben Robert und Clara Schumann hinterließ auch Hugo Wolf Goethe-Vertonungen. Robert Schumann vertonte nicht nur Szenen aus Goethes Faust, sondern auch Gedichttexte aus Wilhelm Meisters Lehrjahresowie ein Requiem für Mignon. Hugo Wolf vertonte unter anderem Gedichte aus dem Wilhelm Meister und dem West-östlichen Divan.

Rezeption als Naturwissenschaftler

Goethes naturwissenschaftliche Arbeit wurde von den zeitgenössischen Fachkollegen anerkannt und ernst genommen; er stand in Kontakt mit angesehenen Forschern wie dem Naturforscher Alexander von Humboldt, dem Arzt Christoph Wilhelm Hufeland und dem Chemiker Johann Wolfgang Döbereiner.[333] In der Fachliteratur wurden seine Schriften, allen voran die Farbenlehre, von Beginn an kontrovers diskutiert; mit der Fortentwicklung der Naturwissenschaften wurden Goethes Theorien in weiten Teilen als überholt betrachtet. Eine vorübergehende Renaissance erfuhr er ab 1859, dem Erscheinungsjahr von Charles Darwins WerkÜber die Entstehung der Arten. Goethes Annahme eines ständigen Wandels der belebten Welt und der Zurückführbarkeit der organischen Formen auf eine gemeinsame Urform führte nun dazu, dass er als ein Vordenker der Evolutionstheorien galt.[334]

1883–1897 gab Rudolf Steiner Goethes naturwissenschaftliche Schriften heraus. Er erkannte in dem ganzheitlichen Erkenntnisverfahren Goethes eine Alternative zur zeitgenössischen materialistisch-mechanischen Naturauffassung, Gedanken, die er als Goetheanismus in die später von ihm begründete Anthroposophieeinfließen ließ. Seither gewann Goethes ganzheitliche, den Menschen einschließende Methode der Naturerkenntnis – obwohl deren Ergebnisse im engeren Sinne dem Stand der Wissenschaft nicht mehr entsprachen – immer dann an Aktualität, wenn im öffentlichen Diskurs nach Alternativen zu dem mechanistischen Weltbild der modernen Naturwissenschaft und ihrer auf Entseelung gerichteten Technisierung gesucht wurde. So zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den SchriftstellerHouston Stewart Chamberlain und wiederum seit den 1980er-Jahren im Rahmen der New-Age-Bewegung.

Nach Carl Friedrich von Weizsäcker ist es Goethe nicht gelungen „die Naturwissenschaft zu einem besseren Verständnis ihres eigenen Wesens zu bekehren […]. Wir heutigen Physiker sind […] Schüler Newtons und nicht Goethes. Aber wir wissen, daß diese Wissenschaft nicht absolute Wahrheit, sondern ein bestimmtes methodisches Verfahren ist.“[335]

Exemplarische Monographien und Biographien

Über Goethes Leben und Werk sind ganze Bibliotheken geschrieben worden. Die ihm gewidmeten Lexika und Kompendien, Jahrbücher und Leitfäden sind kaum noch zu zählen. Nachfolgend werden einige exemplarische Werke vorgestellt, die das Phänomen Goethe in einer Gesamtschau analysieren und interpretieren.

Zu den frühen Werken dieser Art zählen:

  • Herman GrimmGoethe. Vorlesungen, gehalten an der Kgl. Universität zu Berlin. (2 Bände. 1. Auflage. W. Hertz, Berlin 1877; 10. Auflage. Cotta, Stuttgart 1915).
    Grimms legendäre Goethe-Vorlesungen von 1874/75 (Wintersemester) und 1875 (Sommersemester) wurden in einem zweibändigen Werk von über 600 Seiten (1. Auflage) mit zahlreichen Nachauflagen publiziert. Sie prägten das Goethe-Verständnis von Generationen von Lesern und Studenten. Als einer der bedeutendsten Essayisten des 19. Jahrhunderts gilt Grimm mit seiner Vorgehensweise des „ganzheitlichen“ Nacherlebens großer Künstlerpersönlichkeiten und Werke als ein Vorläufer der geistesgeschichtlichen Kunst- und Literaturbetrachtung im Sinne Wilhelm Diltheys. Der zeitgenössischen Fachwelt erschien er eher als eigenwilliger Essayist denn als Wissenschaftler. Grimm war Mitbegründer der Goethe-Gesellschaft und Mitglied des Herausgeber-Gremiums der 143-bändigen Weimarer Goethe-Ausgabe.[336]
  • Georg SimmelGoethe. (1. Auflage. Klinghardt & Biermann, Leipzig 1913; 5. Auflage. 1923)
    Simmels mehrfach aufgelegte und „fast einhellig positiv aufgenommene“ philosophische Monographie über Goethe umfasst nur 264 Seiten. Mit einer „programmatischen Abkehr vom Typus der positivistischen Biographie“[337] verarbeitet sie Goethes biographische Daten, um ihn als exemplarische geistige Existenz und Verkörperung einer unverwechselbaren Individualität darzustellen, die „nicht nur ein Punkt in der Welt, sondern selbst eine Welt ist“. Diese Individualitäts-Auffassung habe Goethe auch auf seine hauptsächlichen Gestalten übertragen, „die jede das Zentrum einer individuellen geistigen Welt ist“.[338]
  • Friedrich GundolfGoethe. (1. Aufl. Verlag Bondi, Berlin 1916; 7. Auflage 1920; 13. Auflage. !1930).
    Gundolf, ein George-Schüler, hat mit seinem fast 800 Seiten starken Werk Goethe als eine symbolische Person ihrer Zeit dargestellt; Goethe erscheint ihm als „der gestalterische Deutsche schlechthin“. Seine Publikation löste eine bis dahin ungewohnt heftige Diskussionen aus, an der namhafte Fachkollegen teilnahmen. Die Zeitschrift Euphorion widmete der Kontroverse um die Publikation 1921 ein Sonderheft. Der Streit entzündete sich an Gundolfs geistesgeschichtlicher Vorgehensweise, die die Vertreter einer historisch-philologisch orientierten Literaturforschung als „schroffsten Gegensatz“ zur Goethe-Philologie wahrnahmen. Sie bezeichneten Gundolf als „Wissenschaftskünstler“.[339]

Für die gegenwärtige Literaturwissenschaft bieten die drei Monographien keine direkten Anknüpfungspunkte.

Zwei bedeutende Werke aus den 1950er/1960er Jahren bereicherten die Goetherezeption durch ihre innovativen Zugriffe:

  • Emil StaigerGoethe. Band I: 1749–1786; Band II: 1786–1814; Band III: 1814–1832. (1. Auflage Artemis & Winkler, Zürich 1958–1960; 5. Auflage. 1978).
    In seiner dreibändigen Monographie sucht Staiger „den Dichter in den Bedingungen seiner Zeit und seines Raums“ auf.[340] Als Bedingungen, unter denen das dichterische und naturwissenschaftliche Werk steht, werden Geschichte, Ideengeschichte und Psychologie herangezogen, wobei gleichwohl die Interpretation das Zentrum des Werkes bildet.[341] Für Karl Robert Mandelkow ist diese Publikation „nicht nur der bedeutendste Versuch einer Gesamtdarstellung des Dichters seit Gundolf, sondern die für die fünfziger Jahre repräsentativste Leistung der Goetheforschung“.[342] Staigers beeindruckende Goetherezeption habe durch seine werkimmanente Interpretation, die mit den Mitteln der damals neuen strukturanalytischen Literaturwissenschaft arbeitete, seinen Gegenstand der damaligen nihilistischen Zeitstimmung entzogen.[343]
  • Richard FriedenthalGoethe. Sein Leben und seine Zeit. (1. Auflage Piper, München 1963, 16. Auflage. 1989).
    Mit dieser knapp 800 Seiten umfassenden, „groß angelegten und akribischen Arbeit […] erzielte Friedenthal einen weltweiten Erfolg“.[344] Mit der Biographie wählte er keine akademische, sondern eine romanartige Darstellungsform oder „geistige Reportage“.[345] Dadurch dass Friedenthal das historisch-soziologisch-politische Umfeld, das heißt: die Misere der Weimarer Verhältnisse umreißt, unter denen Goethe seine Werke produzierte, wurde sein Werk zu einem Vorläufer der sich seit Mitte der 1960er Jahre in der Bundesrepublik „vollziehenden Wendung zur politischen Literaturinterpretation und zur Sozialgeschichte der Literatur“.[346] Zu den schwächsten Teilen der sonst verdienstvollen Biographie rechnet Mandelkow die über den Naturforscher Goethe, die dessen Morphologie und Farbenlehre als falsch und wirkungslos kennzeichneten.[347]

Aus den letzten zwei Jahrzehnten sind drei Werke hervorzuheben:

  • Karl Otto ConradyGoethe. Leben und Werk. Band I: Hälfte des Lebens. Band II: Summe des Lebens. (2 Bände. 1. Auflage. Athenäum, Königstein/Ts. 1985; Neuausgabe in einem Band. Artemis & Winkler, München 1994).
    Mit seiner 1100 Seiten umfassenden Biographie versteht Conrady, das gelehrte Sachwissen des Philologen ohne Zuhilfenahme eines wissenschaftlichen Apparats geschickt zu vermitteln. Als erster Goethebiograph verzichtet er auf eine autoritative Sicht auf seinen Gegenstand „zugunsten einer Darstellungsmethode, die die Möglichkeit anderer, alternativer Deutungen öffenhält“.[348]
  • Nicholas BoyleGoethe der Dichter in seiner Zeit (2. Bände. Band I: 1749–1790; Band II: 1790–1803. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1995 u. 1999. TB-Ausgabe 2004).
    Der britische Germanist an der Universität Cambridge hat eine monumentale Goethe-Biographie in Angriff genommen, die als die bei weitem umfangreichste nach 1945 gilt. Rund 2.000 Seiten umfassen die ersten beiden Bände; der abschließende dritte Band steht noch aus. Der Autor befindet sich „auf der Höhe der deutschen Goetheforschung“ und in der Fülle an Details ist er „gründlicher als seine Vorgänger [Staiger, Friedenthal, Conrady] in den vergangenen Jahrzehnten“.[349]
  • Rüdiger SafranskiGoethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. (1. Auflage Hanser, München 2013; 11. Auflage. 2013).
    Ähnlich wie Friedenthal stellt Safranski den engen Zusammenhang zwischen dem Leben und Werk ins Zentrum dieses „Hausbuchs der Goetheliebhaber“ (Lorenz Jäger). Safranski zeigt zugleich, dass Goethes „Lebenskunst“ darin bestand, die Sphären der Dichtung und der politisch-administrativen Verantwortlichkeit voneinander zu trennen;[350] beide Bereiche werden in dem 750 Seiten umfassenden Buch ausführlich dargestellt.

Goethe als Namensstifter

 HauptartikelListe Goethe als Namensstifter

Die eminente Bedeutung Goethes für die deutsche Kultur und deutschsprachige Literatur spiegelt sich wider in der Namensgebung zahlreicher Preise, Denkmäler, Gedenkstätten, Institutionen, Museen und Gesellschaften, wie sie kaum ein anderer Deutscher im Kulturleben seines Landes erreicht hat. So trägt das Institut, dem die Verbreitung der deutschen Kultur und Sprache im Ausland übertragen wurde, seinen Namen: Goethe-Institut, das mit Niederlassungen in aller Welt großes Ansehen erworben hat. Der Geburtsort des Dichters, Frankfurt, und seine Hauptwirkungsstätte, Weimar, ehren ihn mit dem Goethe-Nationalmuseum (Weimar), derJohann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt) und dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main. Die seit 1885 existierende Goethe-Gesellschaft mit Hauptsitz in Weimar vereinigt mehrere Tausend Leser und Wissenschaftler im In- und Ausland. Schließlich hat der Dichter einer ganzen literarischen Epoche, die Klassik und Romantik umfasst, seinen Namen gegeben: Goethezeit.

Werke (Auswahl)

Es war eine der besonderen Eigenarten Goethes, begonnene Dichtungen oft jahrelang, manchmal jahrzehntelang liegen zu lassen, bereits gedruckte Werke erheblichen Umarbeitungen zu unterwerfen und manches Fertiggestellte erst nach langer Zeit in den Druck zu geben. Eine Datierung der Werke nach Entstehungszeit ist deshalb manchmal sehr schwierig. Die Liste orientiert sich am (vermuteten) Zeitpunkt der Entstehung.

Johann Wolfgang von Goethe im 62. Lebensjahr (nach dem Gemälde von Luise Seidler, Weimar 1811)

Werkausgaben:

  • Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche. Frankfurter Ausgabe in 40 Bänden, einschließlich der amtlichen Schriften und der Zeichnungen, mit Kommentar und Registern (die vollständigste aktuelle Gesamtausgabe der Werke Goethes). Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1985 ff., ISBN 3-618-60213-8.
  • Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, mit Kommentar und Registern, herausgegeben von Erich Trunz. C. H. Beck, München 1982–2008, ISBN 978-3-406-08495-9.
  • Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe in 20 Bänden, herausgegeben von Karl Richter. Neueste Auflage. Carl Hanser Verlag, München 1986, ISBN 3-446-13285-6.
  • Poetische Werke. Kunsttheoretische Schriften und Übersetzungen. Berliner Ausgabe in 22 Bänden, herausgegeben von einem Bearbeiter-Kollektiv unter Leitung von Siegfried Seidel u. a. Aufbau-Verlag, Berlin, Weimar 1965–1978.
  • Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche in 24 Bänden und 3 Ergänzungsbänden. Herausgegeben von Ernst Beutler. Artemis, Zürich 1948–1971.
  • Goethes Werke. Weimarer Ausgabe (oder Sophienausgabe) in 143 Bänden. Fotomechanischer Nachdruck der Weimarer Ausgabe von 1887–1919. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987, ISBN 3-423-05911-7.
  • Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand in 40 Bänden. J. G. Cotta, Stuttgart, Tübingen 1827–1830.
  • Die Schriften zur Naturwissenschaft. (Im Auftrage der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina begründet von K. Lothar Wolf und Wilhelm Troll.) Vollständige, mit Erläuterungen versehene Ausgabe von Dorothea Kuhn, Wolf von Engelhardt und Irmgard Müller. Weimar 1947 ff., ISBN 3-7400-0024-4(online) (Memento vom 19. Februar 2001 im Internet Archive)

Dramen:

Romane und Novellen:

Einladungskarte Johann Wolfgang von Goethes an denmecklenburgischen StaatsministerLeopold von Plessen zu einer Lesung von Hermann und Dorothea in derCotta’schen Buchhandlung, 1814

Versepen:

Gedichte:

Gedichtzyklen und Epigramm-Sammlungen:

Übertragungen:

  • Diderots Versuch über die Malerei. Übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Goethe, erschienen 1799.
  • Leben des Benvenuto Cellini, florentinischen Goldschmieds und Bildhauers, von ihm selbst geschrieben. Übersetzt und mit einem Anhange herausgegeben von Goethe, erschienen 1803.
  • Rameaus Neffe Ein Dialog von Diderot. Aus dem Manuskript übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Goethe erschienen 1805.
Einzelheiten, Maximen und Reflexionen: Titelblatt der ersten Zusammenstellung

Aufzeichnungen und Aphorismen:

  • Einzelheiten, Maximen und Reflexionen, 1833 (posthum veröffentlicht)

Ästhetische Schriften:

Naturwissenschaftliche Schriften:

Autobiographische Prosa:

Briefsammlungen:

Gespräche:

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Note

Hoffman - Jurnalul cărților esențiale

1. Radu Sorescu -  Petre Tutea. Viata si opera

2. Zaharia Stancu  - Jocul cu moartea

3. Mihail Sebastian - Orasul cu salcimi

4. Ioan Slavici - Inchisorile mele

5. Gib Mihaescu -  Donna Alba

6. Liviu Rebreanu - Ion

7. Cella Serghi - Pinza de paianjen

8. Zaharia Stancu -  Descult

9. Henriette Yvonne Stahl - Intre zi si noapte

10.Mihail Sebastian - De doua mii de ani

11. George Calinescu Cartea nuntii

12. Cella Serghi Pe firul de paianjen…

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